U20-WM: Innenansichten aus Bydgoszcz - Donnerstag

Logo U20-WM in BydgoszczHeute ist Großkampftag. Sarah Lagger, Karin Strametz, Georg Werthner und Martin Zanner fahren bereits um 7.20 Uhr ins Stadion. Am Vormittag beginnt der Siebenkampf der Frauen.

Vormittag ist auch der Vorlauf für Dominik Hufnagl über die lange Hürdenstrecke und am Abend präsentiert sich dann wieder Philipp Kronsteiner im Dreisprung-Finale. Wer heute als Österreicher ruhig bleiben kann, ist ein Kandidat für den nächsten Posten als Dalai Lama.

Zum Stadion geht ein Shuttle-Bus, aber auch die Fahrt mit der Straßenbahn ist ein Erlebnis. Je nachdem, ob man einen Niederflurwagen oder einen Waggon aus der Grottenbahn-Ära erwischt, kommt man gerührt oder geschüttelt ans Ziel. Florian Wepner, unser Teamarzt, hat sich für die ganze Woche ein Rad geliehen und pendelt damit zwischen Stadion und Hotel. Am Rücken hat er den riesigen Arztkoffer und am Träger den Sack für die Eisbeutel. Er kommt daher wie ein pakistanischer Wanderarzt.

Karin Strametz beim HochsprungMein gestriges Gespräch mit Martin Zanner über Karins Chancen im Siebenkampf war stimmungsaufhellend. „Ein Mehrkampf ist immer erst nach dem letzten Bewerb aus“, legt er sich nicht fest. Er sieht Karin Strametz derzeit jedoch in Hochform und macht kein Geheimnis daraus, dass er mit einer Topplatzierung rechnet. „Fünf Athletinnen können hier die Goldmedaille holen. Karin und Sarah sind zwei davon“, sagt Martin und macht mich auf den Wettkampf neugierig. 

Die Eröffnung des Siebenkampfes vereint unsere Mannschaft vor dem Startbereich. Alle sind aufgeregt und fiebern dem 100-m- Hürdenlauf entgegen. Bald fügt sich alles zum Wunderbaren.

Sarah und Karin liefern Topleistungen ab. Beide werden in ihren Läufen Zweite und beide stellen persönliche Bestleistungen auf. In Zahlen: Lagger läuft 14.25 sec. und Strametz steigert sich auf 13.74sec. Damit machen sie gleich zu Beginn klar, dass sie nicht nur Placebo-Teilnehmerinnen sein werden. Karin positioniert sich auf dem zweiten und Sarah auf dem neunten Gesamtrang. Erste ist die Kubanerin Rodriguez.

Der zweite Bewerb der Siebenkampf-Partitur bringt Licht und Schatten auf dem Hochsprunggelände. In Sarah Laggers Gruppe ist es ziemlich unterhaltsam, da Sarah ihre gute Form aus Tiflis mitgebracht hat. Sie springt von 1,65 bis 1,74m alles im ersten Versuch. Dann überquert sie noch 1,77m als Saisonbestleistung im zweiten Versuch und zahlt damit 941 Punkte auf ihr Gesamtkonto ein. Wenns lauft, dann lauft‘s. 

Karin springt gut ein, kommt dann aber im Bewerb nicht in Schwung. Die Latte erweist sich bei 1,65m als widerborstig und will nicht liegen bleiben. So bleiben 1,62m in der Wertung. Sie ist sehr enttäuscht, wirft sie das doch im Gesamtklassement zurück. Doch ist das Reindl noch nicht ausgeschmiert, und es besteht kein Grund für einen emotionalen Kabelbrand. Es kommen noch weitere fünf Disziplinen.

Dominik Hufnagl blickt seine Vorlauf entgegenIm 400-m-Hürdenlauf gibt es sieben Vorläufe. Dominik Hufnagl ist für den sechsten Heat und auf der Innenbahn gesetzt. Die ersten Drei jedes Laufes kommen in die Nachspielzeit. Niemand zweifelt, dass Dominik dabei sein wird. Er selbst auch nicht.

Sein Lauf entbehrt nicht einer gewissen Dramatik. Zwei Läufer stürzen und mit ihnen purzeln die Hürden. Links und rechts von Dominik schlägt es ein. Nomenjanahary Rakotoarimiandr aus Madagaskar, mit dem jeder Stadionsprecher sein Gwirx hat, wird in seinem Lauf behindert und kann gar nichts dafür. Er erreicht nur ein DNF (= did not finish). Dominik kommt heil davon. Er ist weit vorne und finisht als Zweiter mit 51,72sec. Damit nimmt er unter den 24 Läufern den Mittelrang ein. Morgen Abend wird er uns im Semifinale wieder Freude machen.

Über Mittag verzeichnet die Sonne ziemlichen Raumgewinn. Im Stadion ist es unerträglich heiß. Herr, lass es für den Nachmittag wieder Winter werden!

Um 18 Uhr sind Sarah und Karin wieder gefordert. Diesmal mit der Kugel. Die Mannschaft versammelt sich auf der zugehörigen Tribüne und drückt die Daumen. Karin liefert eine sich progressiv entwickelnde 10er Serie ab. Ein Superstoß will aber nicht gelingen. 10.82m kommen in die Wertung.

Georg Werthner und Sarah LaggerSarah setzt ihre Erfolgsstory vom Vormittag fort. Ihre Wurfserie ist eine fortschreitende Darwin‘sche Evolution: 11,96m, 12,45 und dann 13.02m. Es ist die dritte von drei möglichen persönlichen Bestleistungen. Ein Juhu-Package für die Daumenhalter aus der Alpenrepublik. Mit 2.517 Punkten liegt sich im Gesamtklassement auf dem dritten Rang. Nun sollte es so bleiben, wie es ist, nur besser.

Bevor im Siebenkampf Sperrstunde ist, gibt es noch den Showdown des 200-m-Laufes. Und da dreht Karin Strametz einmal richtig auf. Sie startet auf der sechsten Bahn und lässt von Beginn an niemanden nach vorne. Start-Ziel-Sieg und 24.66sec. Endlich kann sie jubeln. Damit verbessert sie sich im gesamten Klassement und liegt nun an 13. Stelle. Das gibt wieder Auftrieb für morgen.

Sarah steht in ihrem Lauf um nichts nach. Ihr Hochformausbruch hält auch über die halbe Stadionrunde an. 24.93sec. runden ihre heutige Superleistung ab. Sie ist damit am Ende des Tageslichts auf Kurs zu einer Medaille. Derzeit belegt sie mit 3.510 Punkte den zweiten Rang. Aus dem Paralleluniversum eines Schreibers kann man dazu nur einen Hochstimmungsbericht abliefern.

Jetzt ist es Zeit, den Dreisprung von Philipp Kronsteiner zu beobachten. Das Finale startet in 10 Minuten. Es wird sicher kein Hochamt der Langeweile, denn Philipp zappelt schon dem Bewerb entgegen. Die gesamte Mannschaft hat sich schon vor er Grube positioniert. Darüber werde ich dann morgen erzählen.

 

ÖLV | 21.07.2016 (Herbert Winkler)

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