Noch 9 Tage bis Zürich: Flugstunde mit Kira Grünberg

Wäre diese Geschichte nicht wahr, man müsste sie erfinden: Ein siebenjähriges Mädchen sitzt vor dem Fernseher, sieht Stabhochspringerinnen und meint: „Das will ich auch machen!“ Der Vater hält sie hin und meint, sie solle etwas Anderes ausprobieren. Nach ein paar Jahren will sie immer noch Stabhochspringen. Also suchen sie nach einem Trainer. Weil sich in der eigenen Stadt niemand findet, macht es der Vater selbst. Das Mädchen springt höher als alle anderen im Land. Sie übertrifft Rekorde in den Altersklassen U16 (3,72m), U18 (4,01m), U20 (4,15m) und schließlich auch bei den Erwachsenen (4,41m). Sie erreicht den fünften Platz bei Olympischen Jugendspielen und den vierten Platz bei Junioren-Weltmeisterschaften. Das ist in Kurzform die bisherige Geschichte von Kira Grünberg aus Innsbruck.

Geburtstag in Zürich

Jetzt startet sie zum ersten Mal bei Europameisterschaften der Allgemeinen Klasse. Während der EM in Zürich wird sie 21. Der Geburtstag am 13. August fällt genau auf den Tag zwischen Qualifikation und Finale. Keine Frage, welches Geburtstagsgeschenk sich Kira selbst bereiten möchte. „Ich denke, dass 4,50 Meter für die Teilnahme am Finale nötig sind. Das ist mein Ziel. Es muss alles passen dafür, aber ich will es versuchen“, sagt sie voll Optimismus. In der Europarangliste ist sie aktuell auf Nummer 27 (in der U23-Klasse auf Nummer 3). Den Duft des Erfolges kennt sie gut: "Ich verwende vor dem Wettkampf immer ein bestimmtes Parfum. Aber auch ohne dem bin ich schon sehr gut gesprungen", lacht sie über ihren Aberglauben.

Selbstbewusst zu großen Höhen

Schon zu Beginn des Jahres, als ihre Bestleistung noch bei 4,22 Meter lag, war sie sicher, dass das EM-Limit von 4,35 Meter kein Problem für sie darstellen werde. „Ich habe gewusst, dass ich schneller geworden bin, härtere Stäbe springen und höher greifen kann. Deshalb wir mir klar, dass ich eine solche Höhe springen werde.“ Zunächst ist sie nicht sehr gut in die Freiluftsaison gekommen. Bald ging es aber steil nach oben. Mit 4,36 Meter hat sie am 5. Juli das EM-Limit erstmals überboten. Zwei Wochen später flog sie beim Austrian Top Meeting in Linz über die neue Rekordhöhe von 4,41 Meter. „Ich hoffe, dass in Zürich noch mehr geht“, sagt sie.

Ein erfreuliches Zeichen, dass die Form stimmt, war auch ihr Auftritt bei den österreichischen U23-Meisterschaften am 27. Juli in Innsbruck. Dort siegte sie über 100 Meter in starken 12,08 Sekunden und verbesserte ihre Bestleistung um fast vier Zehntelsekunden. Diese Schnelligkeit und die Verlängerung des Anlaufs von bisher 14 auf 16 Schritte sollen bei der EM für schöne Höhen sorgen. Es gibt also noch Luft nach oben. In den nächsten 2-3 Jahren will sie mit mehr Kraft und Athletik den Anlauf auf 18 bis 20 Schritte erweitern.

Vielseitiges Know-How

Ihr Vater Frithjof Grünberg war früher selbst Stabhochspringer. Das Trainer Know-How hat er sich erst mit der Betreuung seiner Tochter angeeignet. Dabei suchte er stets die Kooperation mit Fachleuten. „Wir waren und sind viel unterwegs, um woanders zu trainieren und von anderen zu lernen“, sagt Kira. Heute ist der ehemalige deutsche Bundestrainer Herbert Czingon, der nun in der Schweiz arbeitet, der wichtigste Inputgeber für die Grünbergs. „Wenn ich es mir leisten könnte, würde ich viel öfter und länger zu ihm fahren“, so Kira. Für das Krafttraining hat sie mit Carson Patterson im Olympiazentrum Innsbruck einen kompetenten Begleiter.

Von der Jugend in die „Europaliga“

Seit fünf Jahren ist Kira jährlich bei mindestens einer internationalen Meisterschaft am Start – von der U18-WM 2009 bis zur U23-EM 2013. Mit Nervenstärke und Konstanz hat sie mehrere Finalplatzierungen erreicht. Ihr Weg von der Jugend in die Allgemeine Klasse wirkt wie aus dem Lehrbuch für erfolgreiche Nachwuchsarbeit. Seit 2012 kann sie sich als Heeressportlerin voll dem Training widmen. Im Herbst 2013 hat sie ein Pharmazie-Studium begonnen, „als Hobby“, wie sie sagt. „Ich mache nur etwa die Hälfte dessen, was am Studienplan vorgesehen ist. Es geht also nicht sehr schnell vorwärts. Aber ich brauche die Abwechslung vom Sport und eine geistige Anforderung.“

Was sie fasziniert am Stabhochspringen, ist die Vielseitigkeit der Bewegungen: „Schnelligkeit im Anlauf, exakte Koordination beim Einstich und beim Bewegen am Stab sowie Kraft, Mut und turnerisches Können sind gefragt. Stabhochspringer sind Multitalente. Man ist ausgeglichen trainiert und benötigt den kleinen Zeh ebenso wie den kleinen Finger.“


Kira Grünberg | Stabhochsprung

Geb. 13. August 1993 | noch 20 Jahre
Verein: ATSV Innsbruck
Trainer: Frithjof Grünberg
Bestleistung 4,41m = ÖLV-Freiluftrekord (Linz, 19.7.2014)
EM-Limit 4,35 Meter
Erfolge: 4. Platz U20-WM 2012, 5. Platz Youth Olympic Games 2010, 10. Platz U18-WM 2009, 10. Platz U23-EM 2013

Bisher einzige ÖLV-EM Teilnahme Stabhochsprung Frauen: Doris Auer, Budapest 1998 (4,00m – Qualifikation)

Zürich-Programm Stabhoch | LIVE in ORF Sport+
Dienstag, 12. August, 10:30 Uhr – Qualifikation
Donnerstag, 14. August, 19:19 Uhr – Finale
 

Infos & Tickets: www.zurich2014.com
News & Zeitplan: www.european-athletics.org

 

Fotos: GEPA pictures

 

 

 

 

 

 

ÖLV | 03.08.2014

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