Hallen-WM: Innenansichten aus Sopot – Donnerstag

Sopot muss man nicht kennen. Es ist nur die kleine Schwesternstadt von Danzig. Die kennt man schon. Denn in Danzig wurde 1980 die Gewerkschaft Solidarnosc gegründet und die Demokratisierung Polens eingeleitet. Der Gewerkschaftsführer Lech Walesa wurde dann 1990 der Präsident von Polen.

Sopot selbst ist eine kleine Kurstadt mit sportlichen Ambitionen. Hier findet jedes Jahr ein ATP-Tennisturnier statt, 2011 wurde in Sopot die Finalrunde der Volleyball Welt-Liga ausgetragen und der Verein Prokom Trefl Sopot hat eines der besten Basketballteams des Kontinents.

Ich werde im Danzinger Flughafen mit Witamy und Dzien dobry begrüsst, was so viel wie Willkommen und Guten Morgen heißt. Das Wetter brachte heute 5 Grad auf den Außenthermometer. Die nächsten Tage werden nicht wärmer sein. Für die Hallenweltmeisterschaft ist das piepegal. Etwa 600 Leichtathlet/innen aus mehr als 150 Ländern haben sich hier eingefunden, um in drei Tagen die Weltmeister von 2014 zu küren. Österreich ist mit Andreas Vojta und Beate Schrott vertreten, deren Leistungen immer ein Hochamt der rot-weiß-roten Leichtathletik darstellen. Aus der Schweiz ist ein Teilnehmer da, aus Deutschland sind es 21.

Der Austragungsort der Weltmeisterschaft ist die ERGO ARENA, die über 11.000 sitzende Zuschauer aufnehmen könnte. Für die 60-m-Laufbewerbe gibt es acht, für den Kreisverkehr der längeren Läufe sechs Bahnen. Im Mediencenter herrscht schon heute das übliche Gesummse. Die Weltmeisterschaft wird von etlichen TV- und Radiosendern übertragen und von Hunderten Journalisten in verschiedenen Zeitungen beschrieben werden. Natürlich sind auch die Doping-Kontrolleure schon eingetroffen. Sie sind für die Echtheitszertifizierung der Leistungen zuständig. Andreas wurde innerhalb von drei Tagen bereits zwei Mal kontrolliert. Heute Morgen wenigstens von einer jungen Dame. Sein Vorlauf über die 1.500 m ist morgen zur Mittagszeit. Drei davon wird es geben.

„Das passt mir gut, weil ich bin absolut kein Vormittagstyp“, gesteht er mir. Für den Vorlauf ist er durchaus optimistisch. Von den Saisonzeiten sind die gemeldeten 25 Mittelstreckler eng beisammen. Da ist alles möglich.

„Wenn alles passt, geht sich der Einzug ins Finale durchaus aus“,  analysiert auch Willy Lilge. Bei Hallenwettkämpfen kommt es durch die engen Radien der Laufbahn immer auf viele Umstände an. Manchmal sind bei einem Lauf massive Rempeleien und andere Kampfsportszenen eingestreut. Es kommt bei Andreas also nicht nur auf das Wie, sondern auch auf das Trotzdem an.

Für Beate Schrott beginnt der Arbeitstag erst am Abend. Ab 18.05 Uhr beginnen die Vorläufe über die 60 m Hürden. Der Lauf wird meine Adern gut erweitern. Beate hat ihre Leistungen im Laufe der Hallensaison sukzessive gesteigert und kann den Lauf ohne Leistungsdruck absolvieren. Philipp Unfried, der einen Hürdenlauf zerlegen kann, wie ein Spezialist die Grundgesetze der Teilchenphysik, bringt es auf den Punkt: „Wenn Beate nochmals eins draufsetzen kann und eine neue Saisonbestleistung bringt, müsste sich der Einzug ins Semifinale ausgehen“, sagt er bedächtig.

Ziffernmäßig wäre das eine Zeit unter 8,21 sec. Wenn alles glatt und nix verkehrt läuft, werde ich am Ende des Tageslichts ein Botox-Vollbad nehmen. Davon werde ich dann morgen berichten.
 

Herbert Winkler

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