Team-EM: Innenansichten aus Litauen (Freitag)

Litauen vor dem großen Wurf - Aufstieg in die 1. Liga?Die Team-EM ist immer ein Sportereignis mit Standortbestimmung.  Sie ist der einzige Programmpunkt im Jahr, in der Österreich mit einer Nationalmannschaft antritt. Männlich und weiblich zusammen.

Diesmal ist der Ort Kaunas und die Gegner sind Kroatien, Zypern, Dänemark, Israel, Slowenien, Serbien und das Gastgeberland Litauen. Allesamt sind sie für das rotweißrote Team gute Bekannte. Wir matchen uns seit Jahren mit ihnen in der zweiten Liga.

Die Mannschaft kommt wie bei einer Sternfahrt aus allen Richtungen Mitteleuropas im Baltenland an. Selbst die Sicherheitskontrollen auf den Flughäfen, die sich einstweilen wie Gesundenuntersuchungen gestalten, sind kein Hindernis. Alle kommen pünktlich und gut gelaunt an. Kaunas empfängt uns mit Sonnenschein und Hitze. Der Sommer wird mit 30 Grad Celsius ausgebrütet. Der Zulieferbus zum Stadium und zurück ist nicht klimatisiert und bringt uns in Minuten in einen gatschförmigen Aggregatzustand. In der Sahara kann es nicht heißer sein.

Kaunas ist die zweitgrößte Stadt des Landes. Von vielen wird sie als die heimliche Hauptstadt Litauens gesehen. Immerhin war die Stadt zwischen den beiden Weltkriegen der Sitz der Regierung. Die heutige Hauptstadt Vilnius gehörte damals zu Polen. Nur so als geschichtlicher Beitrag.

Morgen um 14.30 Uhr beginnt die Europameisterschaft mit dem Stabhochsprung  der Frauen. Kira Grünberg freut sich schon darauf. Vater Frithjof strahlt Optimismus und Ruhe wie der Blutsbruder von Buddha aus. Danach stehen weitere 20 Disziplinen auf dem Programm. Der Tag wird mit den 4x100-m-Staffeln enden.

Natürlich haben auch bei dieser Team-Europameisterschaft die Wahrsager, Hochrechner und Statistiker ihre kenntnisreichen Meinungen zum Abschneiden der österreichischen Mannschaft abgegeben. Vor zwei Wochen malten die Insider der leichtathletischen Szene noch eine dunkelgraue Szenerie. Da stand die Prognose bereits am Treppenabsatz zur Kellerliga. Zu viele Verletzte, Absagen und Leistungsschwächen machten dem ÖLV Sorgen in Moll-Dimension.

In den letzten Wochen wurden dann immer mehr tolle Leistungen in die Prinz-Eugen-Straße gemeldet. Vor allem die jungen Athletinnen und Athleten drehten auf und brachten persönliche Bestleistungen am laufenden Band. Thomas Kain lief die 400m Hürden in 51,45 sec. und Christoph Sander ließ mit 8:53,21 min. über die 3.000 m Hindernis aufhorchen. Lisa-Maria Leutner lief mit 4:23 min. eine neue persönliche Bestzeit über die 1.500 m und Matthias Kaserer hat einstweilen 70 Meter im Speerarm. Josip Kopic übersprang 2,15 m und holt uns endlich aus dem Bückwarenregal des Hochsprung-Supermarktes. Monika Gollner ist auch rechtzeitig mit 1,86 m in Form gekommen und Lukas Weißhaidinger sind Kugelstoßleistungen um die 19 Meter zum Standard geworden. Nur so als sportlicher Beitrag.

Helmut Baudis hat nach Recherche der Saisonbestleistungen aller in Litauen gemeldete Athletinnen und Athleten eine genaue Analyse unserer Platzierungen errechnet. Nach Einsatz des Rechenschiebers und einer gründlichen Faktorenanalyse schaut nun die Europameisterschaft recht gut aus. Theoretisch werden wir schlussendlich auf dem 5. Rang und weit weg von einer reaktiven Depression landen. Nach dem Hexeneinmaleins sollten fünf Siege im Country-Club der acht Länder eingefahren werden. Einzelnennungen dazu verbieten sich.

Natürlich weiß jeder, der die Leichtathletik kennt, dass man weder Leistungen noch Platzierungen vorhersagen kann. Die Sehnsucht nach Eindeutigkeit wird nicht immer erfüllt und das Hochamt im Stadion hat keine fix vorhersagbare Liturgie. Sonst könnte man ja gleich zu Beginn die Medaillen verteilen. Wir werden sehen. Wenn man den Spaß, den die Jungen haben, und die Überdosis an Engagement, den die Betreuer haben, hernimmt, wird die Mannschaft zwei Tage lang Primetime spielen.

Wie es wirklich ist, kann man auf der Homepage des ÖLV nachlesen.

Foto: GEPA Pictures

Herbert Winkler | 21.06.2013

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