Olympische Spiele: Beate Schrott mit magischer Ablenkung vor den 100m Hürden – Vorschau

Österreichs Rekordsprinterin Beate Schrott startet am Montag, 6. August, um 11:12 Uhr (MESZ) in die Olympischen Spiele. 100 Meter, 10 Hürden und 51 Konkurrentinnen warten auf die 24-jährige Niederösterreicherin, wenn sie im sicher wieder bis oben hin vollen Olympiastadion alles daran setzt, den Einzug ins Semifinale zu schaffen. „Die Vorfreude ist schon groß, genauso die Anspannung“, sagt sie. „Ich weiß, dass ich gut drauf bin. Die Olympischen Spiele sind aber etwas Anderes und ich hoffe, dass ich mit der Nervosität gut umgehen kann.“

Konstant und raketengleich
Die Union St. Pölten Athletin sprintet ihre Rennen mit beeindruckender Konstanz, gleichzeitig wirkt ihr Aufstieg im Rückblick fast raketengleich. Vor zwei Jahren qualifizierte sie sich für ihre ersten Europameisterschaften in der Allgemeinen Klasse. Was damals im Vorlauf passiert ist, vergisst man lieber. 2011 drückte sie den österreichischen Rekord über 100m Hürden auf 12,95 Sekunden und schaffte es bei der WM ins Semifinale. Heuer stürmte sie ins Finale der Hallen-WM, verpasste EM-Bronze nur um eine Hundertstelsekunde und steigerte ihren eigenen ÖLV-Rekord auf 12,82 Sekunden. Damit hat sie sich in der Europaspitze einen Namen gemacht und ist den Allerschnellsten ihrer Zunft um einen großen Schritt näher gerückt. Fortschritte hat sie auf vielen Gebieten gemacht: „Vor, über und nach der Hürde, in der Oberkörperposition, beim Start, beim Zielwurf – ich habe mich in den letzten zwei Jahren in jedem Bereich verbessert.“

Semifinale ist das Ziel
Dass die Medizinstudentin Spitzenform agiert, zeigen ihre jüngsten Resultate wie die 12,82 Sekunden von Luzern und die 12,92 Sekunden bei 0,8m/s Gegenwind im Vorlauf der Staatsmeisterschaften von Klagenfurt. Bereits sieben Mal ist sie heuer unter der 13-Sekunden-Marke geblieben. Für die Olympischen Spiele ist das Semifinale ihr Ziel. „Je besser ich dort laufe, umso zufriedener bin ich. Das Finale ist aber sehr schwierig. Zwischen Semifinale und Finale liegt extrem viel.“

Ablenkung mit Harry Potter
Die Trainings am Aufwärmplatz und im Olympiastadion sind gut gelaufen. Trainingspartnerschaften mit anderen Athletinnen oder US-Coach Rana Reider, mit dem sie vor dem Abflug in Salzburg-Rif trainiert hat, sind diesmal nicht zustande gekommen: „Das US-Team hat einen eigenen Trainingsplatz, auf dem niemand sonst trainiert. So gab es nur wenig Kontakt.“ In den letzten Tagen vor dem Bewerb war es für Beate vor allem wichtig, die richtige Konzentration zu finden: „Man muss im Olympischen Dorf aufpassen, dass man zur Ruhe kommt. Es ist eine tolle Stimmung. Die Anlage ist sehr groß und wirklich schön gestaltet. Aber man muss sich zuerst einmal zurecht finden. Es sind viele kleine Wege, die man zu Fuß macht. Da spürt man bald die Müdigkeit. Deshalb habe ich manchmal nur im Fernsehen geschaut oder etwas gelesen.“ Anders als bei der EM in Helsinki ist diesmal keine medizinische Fachlektüre im Gepäck, sondern passend zum Gastgeberland ein Stück Literatur, das auch bei der Eröffnungsfeier im Olympiastadion inszeniert worden ist: Harry Potter. Beate ist mittendrin im letzten Band „Die Heiligtümer des Todes“ – kurz vor dem finalen Kampf zwischen den guten und den bösen Zauberern. Die magische Welt soll die richtige Ablenkung vor dem großen Showdown der Sprinterinnen bieten.

Aggressivität ist am Wichtigsten
In der Vorbereitung hat sie mit Trainer Philipp Unfried „auf Altbewährtes zurückgegriffen“, wie er sagt. „Die Olympiasaison ist nicht die Zeit für Experimente. Wir haben etwas weniger im Kraftbereich gemacht, weil wir gesehen haben, dass ihr Niveau international ausreicht. Dafür haben wir einen Schwerpunkt auf Technik und Schnelligkeit gelegt.“ Besonderes Augenmerk legt Schrott auf den Start: „Unmittelbar vor dem Rennen versuche ich Aggressivität aufzubauen. Aggressiv ins Rennen und über die ersten Hürden zu gehen ist das Wichtigste.“

Pearson ist Favoritin – aber das Rennen ist längst nicht gelaufen
An der Spitze darf man ein zumindest tri-nationales Turnier um die Medaillen zwischen Australien, den USA und Großbritannien erwarten. Weltmeisterin Sally Pearson (Australien), die heuer 12,40 gelaufen ist, muss als erste Goldkandidatin gelten. Allerdings wurde sie heuer bereits von der US-Amerikanerin Kellie Wells geschlagen. Dazu ist aus den Vereinigten Staaten die Titelverteidigerin Dawn Harper im Rennen, sowie Lolo Jones, die vor vier Jahren nur durch einen Sturz Olympiagold verloren hat. Dazu muss man in London immer mit den Britinnen rechnen. Tiffany Porter mit einer Saisonbestleistung von12,65 Sekunden kann vorne mitmischen. Interessant: Auch Siebenkämpferin Jessica Ennis ist in der Meldeliste. Mit ihren 12,54 Sekunden vom ersten Tag des olympischen Siebenkampfes zählt sie heuer zu den Top-3 der Welt. Einen Start, mit dem sie tatsächlich spekuliert hat, sagte die gefeierte Olympiasiegerin aber doch ab. "Ich denke, dass mein Körper etwas Ruhe braucht. Ich bin mehr als zufrieden, eine Medaille gewonnen zu haben", sagte sie.

Fotos: GEPA pictures / privat

Andreas Maier | 04.08.2012

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