U20-WM: Innenansichten aus Barcelona (Montag)

Olympiastadion in Barcelona, EM 2010Barcelona empfängt uns heiter bis wolkenlos. 36 Grad im Schatten. Die gefühlte Wärme in der Millionenmetropole ist aber weder drückend noch erdrückend. Katalonien liegt geographisch eingezwickt zwischen dem Mittelmeer und den Pyrenäen und beschert der katalonischen Hauptstadt erträgliche Temperaturen. Auch die Stimmung in der Mannschaft wird durch ein durchgehendes Hoch bestimmt. 13 U-20-Athletinnen und -Athleten  werden in den nächsten Tagen im Mittelpunkt des Leichtathletik-Globus stehen. In Barcelona finden von 10. bis 15. Juli 2012 die 14. Weltmeisterschaft der Junioren statt. Mit Teilnehmerrekord ein Highlight für jeden Jugendfan.

Die Zusammensetzung unseres Betreuerstabes ist gut geglückt und breit gestreut. Ein alemannischer Trainer ist genauso dabei wie eine pannonische Medizinfrau, ein Trainer aus dem Kamptal genauso wie zwei aus der Tiroler Landeshauptstadt. Eine Trainerin war noch vor wenigen Tagen selbst Akteurin bei einer Europameisterschaft. Einzelnennungen sind nicht geplant. Naja, Sonja Spendelhofer und Christian Röhrling muss man herausheben. Sie kümmern sich vorbildlich um die Organisation und Kohäsion der Gruppe. Und das gelingt ihnen gut. Aktive und Trainer sind beim Essen bunt gemischt und, wenn das gesamte Team durch die Rambla geht, schaut es für Außenstehende wie ein feierlicher Umzug aus.

Die SportlerInnen sind ebenfalls gut gegendert. Sieben Juniorinnen und sechs Junioren. Es sind SprinterInnen, HürdenläuferInnen, Weit- und StabspringerInnen dabei. Dazu noch zwei 800-m-Läufer und eine Siebenkämpferin, die ein All-you-can-eat-Menü konsumieren wird. Eine bunte Mischung an Talenten, die am Hochplateau der Leichtathletik mitmischen wird.

Die Organisation der Meisterschaft macht dagegen nicht lückenlos glücklich. Angegebene Abfahrtszeiten sind nur Vorschläge und die Fahrt vom Hotel zum Stadion ist saunaverdächtig. Man braucht schon den Fatalismus eines Buddhisten, um das alles zu ertragen. Das Stadion selbst ist imponierend, fasst 55.000 Zuschauer und hat sich schon 1992 bei den Olympischen Spielen und 2010 bei einer EM für die Leichtathletik bewährt.

Morgen geht es los!

Schon am Vormittag schwingt sich Lukas Wirth in luftige Höhen. Die Qualifikation für den Stabhochsprung geht ab 10.50 Uhr in Szene. Lukas ist ein Athlet, der seine Sprünge über und unter 5 Meter ansiedelt. Auf 5,02 m hat er sich im Mai geschwungen, was nicht das Ende seiner Kompetenz ist.

„Für Lukas sind derzeit auch 5,20 m möglich, wenn er einen guten Tag erwischt. Das Finale ist in jedem Fall erreichbar“, prognostiziert Frithjof Grünberg, sein Coach. Lukas selbst sieht den Wettkampf als ein Schnuppern im Kosmos der Weltklasse. Er ist nächstes Jahr noch immer Junior, und er hat noch luftige Höhen in der Lebenspartitur angeschrieben.

Bald darauf steigt auch Sebastian Kapferer  ins Geschehen ein. Er hat es schwerer. Die Vorläufe über 110 m Hürden sind bestens besetzt. Geht man nach den Zeiten, so sind seine 14,03 sec., die er vor einigen Wochen gelaufen ist, im Mittelfeld der geschriebenen Nennzeiten angesiedelt. Papier ist nicht nur geduldig. Es ist oft auch falsch.

„Beim Hürdensprint sind immer Überraschungen möglich“, sagt Hannes Achleitner. Mit Glück und einem guten Rennen traut er ihm auch den Aufstieg ins Halbfinale zu.    

Morgen Abend geht auch Rosalie Tschann über die 100 m an den Start gehen. Sie strotzt vor Energie. Ihre sportliche Leidenschaft ist sowieso inflationsgesichert. Naja, ein wenig flippig ist sie auch. Aber Spannung war immer schon ein brauchbares Gießwasser für sportliche Höhenflüge.

Vor wenigen Wochen hat sie sich 11,77 sec. und 24,02 Sekunden über die kurzen Sprintstrecken in ihren Lebenslauf eingetragen. Schon vorher hat sie mit 6,21 m die WM-Eintrittskarte für die Weitsprunggrube gebucht. All ihre Leistungskoordinaten gehen himmelwärts.

„Ich bin sehr optimistisch, dass ich ins Semifinale laufen werde. Dann werde ich entscheiden, ob ich auch im Weitsprung starte“, sagt Rosa, die ihre Liebe zur leichten Athletik schon als Volksschülerin gespürt hat.

Um 19,10 Uhr verspricht Barcelona, den Tag mit gemäßigter Wärme ausklingen zu lassen. Um diese Zeit beginnt die Quali für den Weitsprung. Mit dabei Manuel Leitner. Sein Bewerb gehört zu den tückischen und schicksalsträchtigen. Oft ist der Wind widerborstig und unrhythmisch. Dann tritt man über und unter. Manuel ist aber gut drauf. 7,57 m sind die Bestweite, die er im Mai dieses Jahres in Innsbruck gesprungen ist. 

„Natürlich muss man bei Weltmeisterschaften immer Realist sein. Aber Pessimist bin ich nicht. Wenn Manuel seine gute Form abrufen kann, ist ein Finale durchaus in Reichweite“, weiß Hans Ryzy, sein Trainer.

Und Optimismus ist sowieso der Grundgarant für tolle Leistungen. Noch einmal schlafen, und wir werden es wissen.

Foto: GEPA Pictures / Mario Kneisl

 

Herbert Winkler

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