Austria statt Australia: Interview mit Brenton Rowe

Mittelstreckenläufer Brenton Rowe im Interview über seine oberösterreichisch-steirischen Wurzeln, seine ersten Wochen in Wien, Laufen mit Schafen und den Start für Österreich bei der Universiade im August.

Brenton Rowe ist in Australien geboren und ein sehr guter Mittelstreckenläufer. Aufgewachsen in Dunkeld (Victoria) auf der Farm seiner Eltern war er mit zehn Jahren zum ersten Mal in einer regionalen Auswahlmannschaft im 800m-Lauf. Er hat in Melbourne Forstwirtschaft studiert und schließt demnächst seinen „Bachelor“ mit Auszeichnung ab. Die letzten Jahre wohnte er in Geelong, was auch die Heimat von Triathlon Olympiasiegerin Kate Allen ist. Seine Großeltern stammen aus Österreich, deshalb hat der bald 24-Jährige auch einen österreichischen Pass. Austria statt Australia – wenn das nicht zu Verwechslungen führen wird! Seit Mitte Juni ist er in Wien. Im August wird er für Österreich bei der Universiade in Shenzhen über 1500 Meter antreten, bevor er wieder nach Australien zurückfliegt. Am Samstag startet er, ebenso wie Andreas Vojta, in Uden, Niederlande, bei einem Rennen über 1500 Meter.

Brenton Rowes Bestzeiten:
800m 1:51,39min (Adelaide, 7.4.2011)
1500m 3:39,68min (Sydney, 27.2.2010)
3000m 7:57,49min (Illawong, 29.1.2011)


Oelv.at: Brenton, hast du dich bereits in Wien eingelebt?

Brenton Rowe: Ich hatte einiges zu tun am Anfang, meine Familie treffen, letzte Arbeiten für die Uni erledigen, Trainingsmöglichkeiten kennen lernen. Im Großen und Ganzen war alles recht einfach. Ich war früher einige male schon in Wien, zuletzt 2010. Mit dem öffentlichen Verkehr ist es leicht, zum Training zu kommen. Und es macht das Leben einfacher, eine Familie hier zu haben. Auch meine Freundin ist nachgekommen. Unglücklicherweise habe ich in der zweiten Woche in Österreich eine Brustinfektion bekommen, die sieben Tage lang mit Antibiotika behandelt wurde. So habe ich einige Zeit gar nicht und dann nur leicht trainieren können.

Was weißt du über die „österreichischen Wurzeln“ deiner Großeltern?

Mein Großvater Josef Mösengruber stammt aus Laussa, das ist bei Steyr in Oberösterreich. Meine Großmutter Anna Mösengruber, geborene Robitschko, ist aus Hinterberg bei Leoben in der Steirermark. Ein Cousin von ihr, Toni Gigler, war in den 1940er Jahren ein Läufer, aber ich weiß nicht, auf welchem Niveau. Meine Großeltern sind nach dem 2. Weltkrieg in den 1950er Jahren nach Australien ausgewandert. Meine Großmutter lebt noch in Australien, sie war zuletzt 2008 in Österreich auf Besuch. Mein Großvater ist schon gestorben.

Was hast du bisher von Österreich gekannt?

Ich war 1997, 1999, 2000, 2008 und 2010 hier, meistens in der Steiermark und in Oberösterreich, und natürlich in Wien. Ich habe Verwandte fast in allen Teilen des Landes. Außer den Familienmitgliedern kannte ich aber niemanden wirklich. Jetzt habe ich durch Willy Lilge und das team2012.at einige Leute kennen gelernt.

Konntest du bereits mit Andreas Vojta zusammen trainieren?

Wir sind in der Südstadt und im Happel-Stadion gemeinsam gelaufen. Das war meine erste Bahneinheit seit längerem. Ich war zufrieden damit. Andi trainiert sehr gut und hat starke Rennen gezeigt. Hoffentlich haben wir die Gelegenheit gemeinsam zu trainieren, weil wir auf einem ähnlichen Standard sind.

Wie bist du zum Laufsport gekommen?

Wo ich aufgewachsen bin, in der Nähe von Dunkeld, Südwest-Victoria, war Laufen nicht gerade populär. Fußball und Cricket haben den Sport für Burschen dominiert. Ich habe früher viel Zeit damit verbracht, mit Schafen über die Felder zu laufen. Seit ich fünf bin, habe ich in der Schule an Sportbewerben teilgenommen. Im Laufen hatte ich immer mehr Erfolg als in anderen Sportarten. Ich habe nicht eigens trainiert dafür und hatte auch niemanden, der mich fürs Laufen angetrieben hätte. Es hat mir einfach Spaß gemacht. Ich habe mich angestrengt und hatte einigen Erfolg. Mit 10 Jahren war ich zum ersten Mal in der Auswahl von Südaustralien, damals über 800 Meter. Mit 13 habe ich meinen Trainer Tom Paton getroffen, der einen strukturierten Zugang einbrachte und mich bis heute betreut. Bis 17 habe ich auch Feldhockey und Tennis gespielt, bevor ich mich aufs Laufen konzentriert habe.

Wann hast du dir zum ersten Mal gedacht: Ich könnte für Österreich laufen, nicht für Australien?

Letztes Jahr bin ich in Australien 3:39,68 über 1500m gelaufen und nach Europa gekommen, um hier Rennen zu bestreiten. Damals ist das zum ersten Mal bei mir aufgetaucht. Den österreichischen Pass und die Staatsbürgerschaft habe ich seit vielen Jahren, so war es immer schon eine Option. Allerdings hätte es keinen Sinn gemacht, einen Start für ein anderes Land anzustreben, weil meine Zeiten nicht schnell genug waren.

Welche Ziele hast du für diese Saison?

Zuerst brauche ich ein paar gute Trainings. Dann möchte ich schnelle Rennen im Juli und August machen. Die Universiade in Shenzhen ist mein Hauptziel in den nächsten zwei Monaten. Ich werde dort zum ersten Mal international ein Land vertreten.

Siehst du dich in den kommenden Jahren als 1500m Läufer oder denkst du auch an andere Distanzen?

Jetzt ist mein Fokus auf den 1500m. Ich bin auch über 3000m ganz gut gelaufen, deshalb könnte ich in Zukunft auch auf die 5000m gehen. Aber ich glaube, dass ich über 1500m noch schneller laufen kann als bisher, und das will ich zuerst machen.


 

Andreas Maier | 1.7.2011

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