Team-EM - Innenansichten aus Novi Sad (Samstag)

Benjamin SiartSchon am Morgen ist klar, dass die Sonne heute eine strahlende Hauptrolle spielen wird. Die Celsiusgrade liegen nahe der Körpertemperatur. Es wird heiß in Novi Sad. Am Vormittag haben die „Ordinationen“ von Andi Kröner, Ingrid Müller und Jan Siart Hochbetrieb. Es werden die kleinen Wehwechen und auch solche, die keine sind, behandelt. Alle sind gut drauf.

Um 14.40 Uhr geht es los und Benjamin Siart steigt in den Wurfkreis. Ihm macht seit Monaten der Rücken zu schaffen. Das spürt er auch heute. Er schleudert den Hammer über 60 Meter und bringt damit Österreich die ersten 4 Punkte. Zufrieden ist er damit nicht.

Daniela Höllwarth lässt auch kein Gruseln aufkommen und überquert im Stabhochsprung 4,00 m. Sie wird damit tolle Dritte. Ein Rang, der heute für uns Seltenheitswert haben wird.

Dann kommen wichtige Punkte im Galopp. Raffaela Dorfer läuft die Stadionrunde couragiert an und kämpft dann am Ende gegen  die Milchsäure. Sie wird Vierte über die 400 m Hürden. Wir freuen uns sehr darüber. Der Platz ist das Andere, die Zeit das Eine, denn Raffaela läuft noch dazu persönliche Bestleistung: 59,93 sec. Imponierend. Auch Florian Mayrhofer gibt sich voll aus und wird über die lange Hürdenstrecke mit 53,01 sec. Fünfter.

Die Mannschaftsmaschine kommt gut in Schwung, die anfängliche Skepsis ist überschaubar geworden. Nach drei Bewerben liegen wir unter den acht Nationen an dritter Stelle. Dänemark und Bulgarien liegen vor uns. Überheblichkeit ist aber nicht angesagt.

Über die 100 m Königsstrecke kommen von Benjamin Grill zwei und von Doris Röser fünf Punkte. Gebe es Stilnoten, stünden Doris neun Punkte zu. Dann macht Dominik Distelberger halbe-halbe. Zwei Fehlversuche und zwei tolle Weiten. Er setzt 7,46 m und 7,55 m gegen die Gravitation in die Weitsprunggrube. Damit wird er im gut besetzten Feld Vierter, in dem zwei Springer mit 8 m-Sprüngen aufhorchen lassen.

Einen rasanten Aufritt hat Pamela Märzendorfer über die zwei Stadionrunden. Sie läuft nicht nur ästhetisch  schön, sondern liefert dazu als Geschmacksverstärker eine schöne Bestleistung ab: 2:04,03. Vierter Platz und 5 Punkte für die rotweißrote Republik.

Nach sieben Bewerben liegen wir mit 31 Punkten gut abgesichert an 4. Stelle und kein Pessimismus streift mehr die Prognosen über unser Abschneiden. Alle Leistungen liegen im Erwartungshorizont.

Tanja Eberhart Betina Gernann Sebastian Kaiser Raffaela Dorfer Daniela Höllwarth Christian Steinhamme

Ein taktisch und mutiges Rennen läuft auch Tanja Eberhart über die Hindernisse. Sie ist auf den Langstrecken zur Allesfresserin geworden und mag trockene Marathons genauso gerne wie nasse Wassergrabenstrecken. Für heute hoffte sie auf Windstille und Bewölkung. Das Bad im Hindernisgraben wäre ihr zu wenig. Tanja hält klug ihr Tempopotential und hängt dann drei Runden vor Schluss die Läuferinnen aus ihrer Preisklasse ab. Ein fünfter Platz ist der verdiente Lohn.

Betina German startet über 400 m auf der unübersichtlichen Außenbahn. Sie ist eine Läuferin mit viel Routine und weiß um die Laktatschwemme am Ende der Runde. Mit 56,15 sec. bringt sie den sechsten Platz ins Ziel und muss sich nur knapp der fünftplatzierten Serbin Andjelkovic geschlagen geben. Nun kann man sich bereits mit buddhistischer Gelassenheit zurücklehnen.

Einstweilen hat auch Sebastian Kaiser den Hochsprung beendet. Er ist mit viel Lampenfieber, wenig internationaler Erfahrung, großem Herz und kleinen Hoffnungen in den Hochsprung gegangen. Eine Disziplin, die bei den Männern seit Jahren eine Bauchwehdisziplin ist. Sebastian räumt schon mit dem ersten Sprung über 1,80 m alle Ängste weg und bringt auch solide 1,95 m über die Latte. Hut ab. Das war für uns ganz wichtig. 

Nach 11 Bewerben liegt Österreich nun auf dem 5. Platz und verteidigt diesen in der Folge bis zur  17. Runde.
Zum dritten Mal springt Christian Steinhammer für eine Absage ein und macht den Stellvertreter. Diesmal über die 5.000 m. Nicht gerade seine Lieblingsspeise und auch gar nicht zu seinem Trainingsaufbau passend. Aber Solidarität mit der Nationalmannschaft verpflichtet. Viele Runden hält er sich im Spitzenpulk auf, kann oder will dann das Tempo nicht halten und bringt trotzdem profunde drei Zähler in unseren Punktetopf ein.

Elisabeth EberlJennifer Wenth liefert eine Vorstellung der Sonderklasse. Sie läuft heute die 3.000 m flach. Gleich zu Beginn setzt sie sich mit der Serbin Tercic vom Feld ab. Der Abstand zur übrigen Karawane wird immer größer. Für Tercic wird die Strecke dann aber zu lang, für Jennifer wird das Tempo zu langsam. Die U 23-Queen enteilt dem gesamten Feld und macht ein Solorennen weit vor den anderen. Sie wird überlegene Siegerin. Die ersten acht Punkte für Österreich.

Elisabeth Eberl beweist, dass sie zur Speerwurfelite gehört. Zur beglaubigten Höglerfamilie gehört sie sowieso. Obwohl nicht hundertprozentig fit, schleudert sie den Speer zweimal über 52 Meter. Großartig. Sie ist damit die zweite Drittplatzierte im Team und bringt wertvolle sechs Punkte aufs Konto.

Die abschließenden Staffeln sind ein Spiegelbild des Tages . Niemand spricht mehr  von den Daheimgebliebenen oder raunzt, was alles sein hätte können. Die Mannschaft ist großartig aufgestellt und hält sich stabil im Mittelfeld der Nationenliste.

Als dann noch die Frauenstaffel mit Kraushofer, Schreibeis, Schrott und Röser sensationell und abgesichert Dritte wird, wirkt das wie ein Sesam-öffne-Dich  für die Herrenstaffel. Auch Grill, Bassey, Distelberger und Chudarek erlaufen den Bronze-Rang über die 4 mal 100 m. Wir schweben auf Wolke sieben und acht.  

90 Punkte und der sechste Gesamtrang stehen zur Halbzeit auf der Anzeigetafel. Und morgen werden wir noch mit einigen Krachern aufwarten. 

>> Fotos vom ÖLV-Team
 

Herbert Winkler

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