Innenansichten aus Doha – Teil I, Donnerstag

Noch ist Ruhe vor dem Sturm. Obwohl, von Sturm ist hier keine Rede. Es hat 30 Grad, und es ist wolkenlos. Qatar präsentiert sich mit all seinem Wohlstand und Luxus. Das kleine Emirat am Persischen Golf ist ein Hort für Wohlhabende und Millionäre. Es gibt hier weder Augustin-Verkäufer, Bettler noch Betrunkene. Das schwarze Gold macht es möglich.

Buntes Gewurl
Morgen beginnen im Aspire Dome von Doha die 13. Hallen-Weltmeisterschaften, bei denen von Freitag bis Sonntag die Weltbesten der leichten Athletik gekürt werden. Österreich ist mit drei Spitzenläufern dabei. Den Nörglern und Kritikern sei gleich gesagt, dass Österreich mit der Anzahl der Teilnehmer gut positioniert ist. Zumindest mathematisch gesehen. Aus der Schweiz sind drei Sportler da. Ebenso aus Serbien. Dänemark stellt einen Athleten. Aus Deutschland kommen 17 Leichtathleten. Obwohl Deutschland zehnmal so viele Einwohner wie Österreich hat.
Insgesamt haben 150 Nationen ihre schnellsten und stärksten Hallenfreaks gemeldet. Das gibt ein buntes Gewurl, wenn man sich beim Essen trifft. Ganz leicht erkennt man dabei die Kugelstoßer. Sie sind durchwegs XX-large gebaut und meist von stämmigem Habitus. Die Hochspringerinnen sind auch nicht aus dem Zwergenreich. Groß und schlank behübschen sie die Szene.

Außen wau, innen pfau
Die Wettkampfarena liegt in einem Stadionbezirk. Die Architektur ist futuristisch, von außen wau und von innen pfau. Da Fußball Favoritenstatus bei den Einheimischen hat, sind die meisten Stadien Fußballplätze. In der Hauptstadt und Umgebung gibt es davon 14 Stück. Fußball zuschauen gehört bei den einheimischen Männern zur großen Freizeitleidenschaft. Die Erfolgsquoten der Kicker hier sind international unseren nicht unähnlich.

„Mother of Games“. Naja.
Die Leichtathletik-WM ist in der Hauptstadt gut präsentiert. An jeder Kreuzung in Doha hängen Plakate und Reklametafeln, die das Treffen der Weltelite ankündigen. Aufwändig hergestellte Glanzbroschüren liegen in den Hotels als Werbematerial auf. Die Weltmeisterschaft wird recht lyrisch „Mother of Games“ bezeichnet. Naja. Einheimische Mütter sieht man auf den Straßen von Doha keine. Die Männer in ihrer landestypischen Tracht sind vorherrschend. Aber immerhin hat die Gattin des Emirs von Qatar 1998 das Wahlrecht für die Frauen im Land durchgesetzt.

In wallenden Kleidern
Für Clemens Zeller begann der Tag schon recht früh. Um 8.00 Uhr klopfte ein Mann in wallenden Kleidern an der Zimmertür und holte ihn zur Blutdopingkontrolle ab. Er ist bei allen großen Events der erklärte Liebling der Tester. Uli Lanz, unser Teamarzt, war als Aufpasser mit von der Partie. Heute testeten Moseley, Zeller und Rapatz nicht nur ihre Muskulatur, sondern auch die Bahnen im Aspire Dome. Ryan ist ganz zufrieden, fühlt sich gut und strahlt viel Selbstvertrauen aus. Sein Trainer Rana Reider glaubt, dass er morgen eine Saisonbestleistung auf die 60m-Bahn trommeln wird.

„Törnen mich sowieso an“
Clemens und Andreas sind ebenfalls im gehobenen Adrealinbereich. Es ist faszinierend, wie sie beim Testlauf um die Kurven fetzen. Vergessen sind die Wehwehchen der letzten Wochen.
„Die Bahn ist schnell wie Teufel“, ist Andreas begeistert. „Ich hoffe nur, dass mir die Darmgrippe nicht zu viel Substanz gekostet hat“, schiebt er nach.
„Ich fühle mich auch fit und freue mich auf morgen“, sagt Clemens selbstsicher. „Hallenwettkämpfe törnen mich sowieso an“.
Ich bin schon gespannt, wie es morgen bei den drei Musketieren laufen wird.

Fotos: GEPA pictures / Mario Kneisl

 

Herbert Winkler aus Doha | 11.3.2010

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