Gerhard Mayer erkämpft im Diskus WM-Finale von Berlin den achten Platz!

Bestes ÖLV-Ergebnis bei Weltmeisterschaften seit sieben Jahren. - „Das haben wir uns bestenfalls erträumt!“ - Entscheidender dritter Wurf auf 63,17 Meter.

Ausgerechnet im WM-Finale von Berlin ist Gerhard Mayer ein Wurf ins Glück gelungen. War schon die erste WM-Finalqualifikation eines österreichischen Diskuswerfers mit 62,53 Meter und dem elften Platz ein großer Erfolg, hat der 29-jährige Niederösterreicher im Endkampf der besten zwölf in Berlin noch eins draufgelegt. Mit 63,17 Metern im dritten Versuch schaffte er es in das Finale der Top-8, die weitere dreimal den Diskus schleudern konnten. „Ein Wahnsinn! Genau im richtigen Augenblick habe ich meinen besten Wurf des Jahres gemacht.“ Trainer Gregor Högler strahlte ebenfalls vor Freude: „Wir haben vorher oft über das Finale geredet, auch wenn das viele als unwahrscheinlich gesehen haben. Einen achten Platz haben wir uns aber bestenfalls erträumt!“

Skeptischer Blick, guter Beginn
Um 20:20 Uhr ist Gerhard Mayer als elfter der Startreihenfolge zum ersten Versuch dran. Der Diskus fliegt gut. Gerhard dreht sich nach dem Abwurf mehrmals im Ring und bleibt innerhalb der Begrenzung. Dann zwei Sprünge – vor Freude? Ein skeptischer Blick folgt. Zur Anzeige von 62,16 Metern wird viel applaudiert. „Das war gut für den Anfang“, zeigte sich Högler zufrieden. Damit reiht er sich an achter Stelle ein. Wer kann noch zulegen? Zweiter Versuch. Der Diskus stellt sich im Flug etwas auf. 60,49 Meter. Mayer fällt auf den zehnten Platz zurück. „Es sind im ganzen Feld nur Leute, die schon zumindest einen sechsten Platz bei Großereignissen geholt haben. Gerhard schlägt sich sehr gut. Bei einem solchen Wettkampf ist wichtig, dass man zwischen den Versuchen wieder ruhig wird und von der Anspannung runterkommt. Die Motivation ist in einem solchen Stadion nicht schwierig. Es geht aber drum, unbelastet zu werfen“, erzählt Högler aus seiner Wettkampf-Psychologie.

Entscheidung im dritten Versuch
Der dritte Versuch entscheidet. Wenn Gerhard 63,09 Meter schafft, ist er im „großen Finale“ der besten acht. 20:51 Uhr. Er fordert das Publikum zum Einklatschen auf. Auf den Weg in den Ring wirft er das Tuch weg, mit dem er seinen Diskus abwischt. Die 2kg-Scheibe nimmt eine gute Bahn. Der Versuch war weit. Bange Blicke. Soll er jubeln? Anzeige 63,17 Meter, siebter Rang. Jubelnd reißt er beide Arme hoch. Ein nicht zu erwartender Durchmarsch ist geglückt – vom 19. Platz der Meldeliste ins Finale der Top-8! „Es war mein weitester Versuch in einem Stadion, wo kein Wind geherrscht hat. Dieser Wurf ist von der Technik her sicher besser als mein österreichischer Rekord. Beim Rekord von 64,16 Meter war die Windunterstützung viel vorteilhafter. Ich war viel lockerer und weniger nervös als in der Qualifikation. Vor dem dritten Versuch hab ich eingeklatscht, weil ich locker werden wollte. Ich wusste, dass man bei einem wichtigen Wurf nicht verkrampfen darf.“ In den folgenden drei Versuchen kann sich der SVS-Athlet nicht mehr steigern: „Der Druck war weg.“

Mayer widerlegt Top-Trainer
Hinter ihm mussten vier Routiniers den Wettkampf beenden und aus dem Innenraum gehen: Omar El Ghazaly, Olympia-Vierter von Athen 2004, mit 62,83 Metern, Mario Pestano, EM-Vierter von Göteborg 2006, mit 62,73 Metern, Jarred Rome, WM-Siebter von Helsinki 2005, mit 62,47 Metern und Frantz Kruger, Olympia-Zweiter von Sydney 2000, mit 59,77 Metern. Mayer hat mit seinem achten Platz Experten widerlegt:„Im Frühjahr habe ich mit dem Trainer von Olympiasieger Gerd Kanter gesprochen. Er hat gemeint, dass ich nicht ins Finale kommen kann, weil ich noch nicht oft genug über 63 Meter geworfen habe. Wir haben aber immer gewusst: Man muss es nur zum richtigen Zeitpunkt werfen, dann schafft man es ins Finale.“

Bestes ÖLV WM-Ergebnis seit 2001 : "Jetzt muss ich was springen lassen!“
Mit seiner Platzierung hat er die beste ÖLV WM-Platzierung seit 2001 erreicht, als Stephanie Graf in Edmonton Silber über 800 Meter gewonnen hatte. Auch das beste WM-Resultat seines Trainers Gregor Högler konnte er übertreffen. Der Speerwurfrekordler war Zehnter der WM in Athen 1997 geworden: „Ich glaub, jetzt muss ich was springen lassen“, lacht Mayer. Von seinen 4.000 US-Dollar Preisgeld, das er als Achter gewinnt, wird sich eine schöne Feier bestimmt ausgehen. Unter den vielen Gratulanten, ein Fanclub aus Freunden war mit angereist und saß in der ersten Reihe, sind auch das ganze ÖLV WM-Team und einer, der aus Verletzungsgründen nicht in Berlin teilnehmen konnte. Günther Weidlinger, selbst WM-Neunter in Sevilla 1999, SMS-te praktisch ohne Zeitverzögerung: "Herzlichen Glückwunsch zum ausgezeichneten 8. Rang und der starken Leistung. Schade dass Roli aufgeben musste. Ich hoffe, es geht ihm zumindest halbwegs gut."

„Mit Herz kann man professionellen Background schlagen“
Für Trainer Högler war die Überflügelung durch seinen Schützling kein Thema: „Wenn man etwas gelernt hat, soll man es an andere Leute weitergehen. Es ist eine Riesenfreude. In den Top-8 der Welt muss man erst einmal sein. Wir haben gezeigt, dass man mit viel Herz auch Leute mit einem professionellerem Background schlagen kann. Da ich berufstätig bin, kann ich nicht jeden Tag bei Gerhard sein und ihn im Training direkt coachen. Es gehört der Einsatz der ganzen Trainingsgruppe dazu mit Eli Pauer und Lisi Eberl, auch meine Freundin, die mich viel zu selten zu sehen bekommt.“

>> Zum kompletten Finalergebnis

Thriller um Gold
Ganz an der Spitze war der Diskuswurf ebenfalls ein Thriller. Im letzten Versuchübertrumpfte der Berliner Robert Harting mit 69,43 Meter die gesamte Konkurrenz, nachdem er zuvor hinter dem Polen Piotr Malachowski mit 69,15 Metern lange an zweiter Stelle lag. Deutschland feierte sein zweites WM-Gold der Titelkämpfe. Der Berliner „(Problem-)Bär“, der immer wieder mit fragwürdigen Aussagen für Kontroversen gesorgt hat – zuletzt über Aktivitäten deutscher Dopingopfer – wurde leidenschaftlich angefeuert und bejubelt.

Weltmeister des 5. Tages:
1500m Männer: Yusuf Saad Kamel (Bahrain) 3:35,93min
Diskuswurf Männer: Robert Harting (GER) 69,43m
800m Frauen: Semenya Caster (RSA) 1:55,45min
100m Hürden: Brigitte Foster-Hylton (JAM) 12,51sec (+0,2m/s)

Zehnkampf (1. Tag):
1. Oliksiy Kasyanov (UKR) 4.555 Punkte (100m 10,63sec – Weitsprung 7,80m – Kugelstoß 15,72m – Hochsprung 2,05m – 400m 47,85sec)

 

Andreas Maier | 19.8.2009

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