Team-Europameisterschaft, Tag 2: Ein Fanbericht aus der Slowakei

Heute hat sich der Regen verflüchtigt und wurde durch eine bleigraue Wolkendecke ersetzt. Bleiern liegt auch die gestrige Disqualifikation der Männerstaffel auf dem Gemüt. Sie kostet uns fünf Punkte. Ein schwarzes Loch breitet sich im Team deswegen aber nicht aus.

Die zweite Hammerwurfkonkurrenz wird vom zweiten Teil der Familie Siart bestritten. Pünktlich um 15.00 Uhr geht Julia Siart für Österreich in den Wurfring. Sie hat schon die Weisheit des Rückblicks und weiß, wie wichtig Sicherheitswürfe sind. Dementsprechend koordiniert sie ihre Würfe mit Hand und Hirn und wird Fünfte. Mit 53,18m bringt sie eine feine Leistung und vier Punkte für die Mannschaft. Nach 22 Disziplinen sind wir nun Dritte und knapp hinter Irland.

Manuel Prazak, der Vorzugsschüler von Leo Hudec, geht über die 110m Hürden. Im Vorjahr hat er mit der ersten Hürde eine böse Überraschung erlebt. Sie stand nicht dort, wo ein übermotivierter Starter sie braucht. Motiviert ist er heuer auch, erfahrener aber noch dazu. Manuel legt einen soliden Lauf hin und wird mit 14,30sec. Fünfter. Leider zeigt nun die Anzeigentafel, dass uns unsere direkten Konkurrenten für den Aufstieg in die 1. Liga davonziehen. Österreich ist nach 24 Events Vierter.

Auf Andreas Rapatz bin ich besonders gespannt. Er wird seit einigen Monaten von Edi Holzer trainiert und hat dadurch viel Spritzigkeit getankt. Edi schätzt in einem Wettkampf weder professionelle Gemütlichkeit in der ersten noch buddhistische Meditation in der zweiten Runde. Und Andreas hat auch gar nicht vor, langsam zu sein. Er mischt bis 600m vorne mit und führt auch das Feld an, muss am Ende aber noch vier Läufer ziehen lassen.

Über die 1.500m startet Lisa-Maria Leutner, die stets gut gelaunt und mit sonnigem Gemüt unterwegs ist. Ihr Coach Willi Lilge, der wie ein Bewegungsmelder alles, was sich im näheren Umkreis von zwei Kilometern befindet, fotografiert, gibt Lisa eine offensive Strategie mit. Sie läuft couragiert im vorderen Feld und pfeift auf das sich bildende Laktat. Ich bekomme eine Ganzkörpergänsehaus wie sie sogar in der Schlussgeraden mutig ins K.O. läuft. Lisa wird Siebente.

Das Rennen über 3000m Hindernis der Männer wird für uns zum Dilemma. Obwohl ich am Hochstand des Stadions sitze und alles gut sehe, kenne ich mich mit den Ausscheidungspraktiken der Kampfrichter nicht aus. Ihre Entscheidungen haben die Qualität eines Münzwurfes. Ein zypriotischer Läufer wird unschuldig abgewunken und ist ganz verdutzt. Ich auch. Bei einem entscheidenden Spurt kommt es beinahe zum Ringkampf, bei dem es Christian Steinhammer erwischt. Erstmals ärgere ich mich über die neuen Regeln, die offenbar eine Verwertung von Gedankenüberschüssen einiger Schreibtischtäter war. Christian, der als Stellvertreter gestartet war, ist bitter enttäuscht.

In der Gesamtwertung sind wir einstweilen weit zurückgefallen und beginnen nun gegen den Abstieg zu kämpfen hat. Gestern noch auf der Terrasse, jetzt nahe dem Erdgeschoss. Es wird eng. Doch nun wehren wir uns. Martin Strasser ist in Hochform und wirft den Speer mit hervorragenden 68,67m auf den dritten Platz. Endlich wieder sechs Punkte für unser Gesamtkonto. Eine feine Leistung. Respekt.

Auch Bettina Schassé hilft, das Team wieder aufzureihen. Sie, die so gar nicht wie die typischen Kugelstoßerinnen aussieht, überrascht uns und noch mehr die Konkurrenz. Sie wird Zweite und stößt mit 14,16m persönliche Bestleistung.
Dann fegt Ryan Moseley über die 200 Meter. Sein Kampf auf den letzten Metern ist phantastisch. Er wird Zweiter und macht uns wieder Mut. Doris Röser steuert über die 200m einen vierten Platz und fünf weitere Punkte bei. Es geht wieder aufwärts.
Das Diskuswerfen ist für Gerhard Mayer eine gmahte Wiesn. Er macht bald klar, was die anderen Werfer mit dem Sieg zu tun haben werden, nämlich nichts. 61,53m bereits im ersten Versuch. Da kommt niemand mehr mit. Acht Punkte für uns.

Der 3000m-Lauf wird zum Leckerbissen. Vor der ersten Eliminierungsrunde ist das Feld knapp beisammen. Mitten drin Schurli Mlynek. Dann wird auf Teufel komm raus gegen das Ausscheiden gespurtet. Georg ist dabei ungefährdet. Der Zwischenspurt überfordert jedoch die schwächeren Läufer und das Feld zieht sich nun in die Länge. Damit ist auch die Spannung des Laufes verloren. So haben es die Erfinder der dubiosen Ausscheidungsregeln sicher nicht gewollt. Georg läuft sein Rennen motiviert zu Ende. Lange in einer Dreiergruppe geht es flott voran. Dann sucht der favorisierte Ire die Entscheidung und zieht 250m vor dem Ziel den Endspurt an. Zu früh. Georg spurtet mühelos mit und lässt ihn noch vor dem Ziel grußlos stehen. Ein Sieg, der große Freude macht.

Am Ende war die Entscheidung um die Platzierungen eng wie im Fotofinish. Litauen und Irland werden wir nächstes Jahr nicht wieder sehen, denn diese beiden steigen in die 1. Liga auf. Lettland lag ein halbes Pünktchen vor uns, wir wiederum ein halbes Pünktchen vor der Slowakei.
 

Herbert Winkler

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