Strafrecht für gedopte Sportler? – Standpunkte von ÖLV und BSO

Welche rechtlichen Wege gibt es, mit der Dopingproblematik umzugehen? Die Outings und kriminalpolizeilichen Ermittlungen der jüngsten Zeit haben dieses Thema neu aktualisiert. Bereits am 28. November 2008 hatte der Österreichische Leichtathletik-Verband den Vorstoß von Sportminister Norbert Darabos begrüßt, dopenden Sportlern mit strafrechtlichen Konsequenzen zu drohen. Mit dem Radsport-Verband und dem Triathlon-Verband vertreten weitere große österreichische Sportfachverbände diese Forderung. Wichtigste Argumente sind die stark abschreckende Wirkung des Strafrechts und die Möglichkeit, von gedopten Sportlern dadurch Informationen über Doping-Hintermänner zu erhalten, die damit ebenfalls strafrechtlich verfolgt werden könnten. Kürzlich wurde bei ÖLV-Kaderathleten eine Unterschriftenaktion dazu gestartet. Unterstützende Athleten sprechen sich dabei für „eine strafrechtliche Verfolgung von bewusst dopenden Sportlern unter Einhaltung der Verhältnismäßigkeit zum übrigen Strafgesetz“ aus. Mit einem eigenen Text plant auch der Tischtennis-Verband eine ähnliche Unterschriftenaktion.

BSO-Präsident Wittmann: Kein Strafrecht für Sportler
Die Thematik „Strafrecht für gedopte Sportler“ stand auch bei einer Pressekonferenz der BSO (Österreichische Bundes-Sportorganisation) am 27. April in Wien im Mittelpunkt. BSO-Präsident Dr. Peter Wittmann forderte längere sportrechtliche Sperren, mehr Aufklärung und mehr Kontrollen, Rückzahlung von Fördermitteln, strenge Verfolgung von Hintermännern und Dealern. Er stellte sich dabei auch einmal mehr klar gegen die Androhung strafrechtlicher Konsequenzen für Sportler. Seine Begründungen im sachlichen Kern: „Ein beschuldigter Sportler muss bei einem Strafverfahren nicht die Wahrheit sagen. Eine anlassbezogene Gesetzgebung im Strafrecht ist völlig abzulehnen. Wir können nicht aufgrund von Befragungen Strafgesetze machen, das ist in einem Rechtsstaat nicht tragbar. Das Anti-Doping-Gesetz ist sehr gut, die NADA arbeitet sehr gut – die getroffenen Maßnahmen wirken spektakulär. Ich will keine vorbestraften Sportler haben, die gebrandmarkt sind und dadurch den Einstieg ins Berufsleben nicht schaffen.“ Wittmann verwehrte sich, wenn auch sachlich unabhängig von der Strafrechtsdiskussion, gegen Pauschalverdächtigungen und den Trend zur Beweislastumkehr in der derzeitigen Dopingdebatte: „Das schadet dem Sport massiv.“

Große Fachverbände fordern strafrechtliche Konsequenzen
Otto Flum, Präsident des Österreichischen Radsport-Verbandes, machte in einer Stellungnahme aus dem Publikum deutlich, dass die Sport-Fachverbände zum Thema Strafrecht einen anderen Standpunkt haben: „Dieser Vorstoß der BSO ist nicht mit uns abgesprochen. Mehrere Verbände sind sehr wohl für die Ausweitung des Strafrechts auf gedopte Sportler.“ Roland Gusenbauer, Generalsekretär des Österreichischen Leichtathletik-Verbandes, unterstützte diese Sicht: „Warum wehrt man sich a priori gegen eine Maßnahme, die im Kampf gegen Doping wirkungsvoll wäre? Die Diskussion darüber muss möglich sein. Auch in anderen Ländern mit strengen Gesetzen werden die Sportler nicht in Handschellen abgeführt. Die Strafrechtsdrohung hat aber zu weniger Doping und realistischeren Leistungen geführt.“

Beim Haare des Athleten
Die Wortmeldungen, mit denen die Ablehnung strafrechtlicher Konsequenzen von den Diskutanten am Podium argumentiert wurde, offenbarten einen manchmal recht eigentümlichen Informationsstand. „Ist die Dopingliste überhaupt modern und auf neuestem Stand?“, fragte etwa Handball-Trainer Gunnar Prokop in die Runde. Bekanntlich wird die WADA Verbotsliste einer laufenden Prüfung unterzogen und jährlich neu herausgebracht. BSO-Präsident Wittmann brachte ungewolltes Doping durch „Nasivin“ ins Spiel, wobei in der Realität Nasivin keine Substanz enthält, die auf der Verbotsliste steht. Zur Illustration führte Wittmann auch das fiktive Beispiel eines „16-jährigen Burschen, der ein Haarwuchsmittel nimmt“ an. Sollte dieser Sportler dadurch einen positiven Dopingtest haben und vorbestraft werden, ginge er seiner Meinung nach wegen einer Nichtigkeit mit einem Makel durch sein Leben.

Strafrecht bei Doping wirkt!
Dass die maßvolle Androhung strafrechtlicher Konsequenzen für gedopte Sportler nur ein Element einer wirkungsvollen Anti-Doping-Politik sein kann, ist auch den Befürwortern klar. Die von Rad Vize-Weltmeisterin Christiane Soeder eingemahnte ethische Bewusstseinsbildung ist sicher eine notwendige Grundlage. Wettbewerbsklagen und Schadenersatzansprüche wurden vom Deutschen Juristen Thomas Summerer, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Sportrecht im Deutschen Anwaltsverein und ständiger juristischer Berater der Deutschen Fußball Liga GmbH, in die Diskussion gebracht. Warum der Verzicht auf die Strafrechtsandrohung dem Spitzensport zu mehr Glaubwürdigkeit verhelfen sollte, ist jedoch noch nicht beantwortet. „In Ländern mit strengen strafrechtlichen Anti-Doping-Bestimmungen kommt es bereits jetzt zu Absagen von Sportlern, die dort nicht antreten wollen“, so Summerer in seinem Schluss-Statement bei der Pressekonferenz. Er wollte damit auf unerwünschte Auswirkungen von Bestimmungen hinweisen, die seiner Meinung nach zu weit gehen würden. Tatsächlich hat er damit jedoch einen Beleg für die Wirksamkeit strafrechtlicher Anti-Doping-Regelungen geliefert.

 

Andreas Maier | 28.04.2009

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