Alfred Proksch: Leichtathlet & Künstler mit 100 Jahren

Der Olympia-Sechste von Berlin 1936, vielfache Masters-Weltmeister und aktive Maler feiert am 11. Dezember seinen hundertsten Geburtstag.

Vieles an dieser Geschichte ist außergewöhnlich, manches mag unglaublich klingen. Der Leichtathlet und Maler Alfred Proksch (Foto: Neubauer) feiert diesen Donnerstag, 11. Dezember 2008 in Wien seinen 100. Geburtstag. Es scheint, als habe er mit seinen Tätigkeiten ein Lebenselixier entdeckt. Er ist sportlich und zeichnerisch aktiv. Er kann fesselnd erzählen und mit seinen Erinnerungen, die bis zurück in die Monarchie reichen, in den Bann ziehen. Alfred Proksch ist der wohl älteste aktive Leichtathlet weltweit. Er war im Stabhochsprung Sechster der Olympischen Spiele 1936. Heuer im März gewann er in Frankreich bei der Masters-WM die Goldmedaille im Diskuswurf der Klasse M95 (Altersklassen werden in 5-Jahres-Schritten eingeteilt). Als er bei einem Leichtathleten-Treffen vergangenen September im Sportcenter Donaucity in Wien aus seinem Leben erzählte, streckte er seine Hände weit von sich weg, spreizte die Fingern und sagte: „Sie zittern nicht. Darüber bin ich sehr froh, denn so kann ich immer noch malen.“

Expressiver Realist
Anlässlich seines Geburtstages sind Werke von ihm in der Galerie Akum (1090 Wien, Universitätsstraße 4, 9.-23. Dezember 2008 und 13.-31. Jänner 2009) ausgestellt. In seinem Brotberuf arbeitete Proksch als „Gebrauchsgrafiker“ – man könnte sagen Werbedesigner. Er war Präsident des Bundes Österreichischer Gebrauchsgrafiker, aber auch künstlerisch tätig. „Ob mit Bleistift, Rötel, Kohle oder in den letzten Jahren mit Farbkreiden, er setzt gekonnt Linien und Flächen und schafft meisterhafte Werke. Wie Alfred Hrdlicka und Georg Eisler kann man auch Alfred Proksch, insbesondere mit seinem Spätwerk, zu den expressiven Realisten zählen“, charakterisiert Gabriela Koschatzky-Elias die Arbeiten von Proksch. Im Verlag Amalthea ist aktuell eine Monographie zu seinem künstlerischen Werk erschienen.

Olympia-Sechster im Stabhochsprung
Sportlich zählte Alfred Proksch in den Jahren vor dem zweiten Weltkrieg zu den besten Stabhochspringern Europas. Bei den Olympischen Spielen in Berlin 1936 erreichte er mit der Höhe 4,00 Metern den sechsten Platz. Zu dieser Zeit wurde mit Bambusstäben gesprungen. Statt auf einer dicken Matte fiel man in einem Sandhaufen. Proksch: „Wir mussten damals wie eine Katze auf allen vieren landen, sonst hätte man sich arg verletzt.“

Seine persönliche Bestmarke, zugleich langjähriger österreichischer Rekord, gelang ihm ein Jahr später, am 2. August 1937 in London. Bei den "British Games", dem hochklassigsten Meeting dieser Zeit in Großbritannien, setzte er sich im legendären White City Stadion gegen die damals weltbesten Springer duch. Alfred Proksch aus der Erinnerung: „Bei einem der ersten Versuche ist mein Bambusstab gebrochen. Ich bin auf den Kopf und den Rücken gestürzt und war kurz bewusstlos. Ein Masseur hat an mir gezogen und mich behandelt. Er hat gesagt: ‚Es ist nichts gebrochen.’ Wenn ich will und kann, soll ich weitermachen. Der englische Meister Richard Webster hat mir daraufhin seinen Stab geborgt. Dadurch hat er sich um den Sieg gebracht – denn ich habe gewonnen. Meine Höhe war 4,118 Meter. In Wien hat man es mir zuerst nicht geglaubt, dann den Rekord auf 4,11 Meter abgerundet.“

Hausmann im Bretterverschlag
Eine Basis für seinen außergewöhnlichen körperlichen Zustand sieht Proksch in der Hausarbeit. „Ich habe eine große Wohnung. Seit meine Frau tot ist, mache ich alles alleine: einkaufen, kochen, putzen. Auf diese Weise bin ich zwei Stunden täglich unter leichtem Stress aktiv. Allein das ist ein Fitnessprogramm für mich.“ Bezeichnend für ihn ist die Geschichte von der Hallen-Weltmeisterschaft der Masters-Leichtathleten, die heuer von 17. bis 22. März in Clermont-Ferrand (FRA) stattgefunden hat. Sein Gepäck kam nicht mit dem Flugzeug an, wodurch er verspätet im Hotel eintraf. Dort war bereits zugesperrt. Also bastelte er sich einen Bretterverschlag, um darin die Nacht zu verbringen. Einige Tage später wurde ihm gemeinsam mit seinen Medaillen auch das Gepäck überreicht.
 

Ausstellung „3 x Proksch“
Galerie Akum | Universitätsstraße 4 | 1090 Wien | www.akum.at
Öffnungszeiten: Di. - Fr . 14 - 19 Uhr und Sa. 11.30 - 15 Uhr, sowie nach tel. Vereinbarung.
Ausstellungsdauer: 9.12. bis 23.12.2008 und 13.1. bis 31.1.2009

Monographie
Alfred Proksch - Das graphische Werk
Von Gabriela Koschatzky-Elias
Amalthea Verlag, 1. Auflage 2008, 120 Seiten mit zahlr. Farbfotos
ISBN 978-3-85002-671-0
24,95 EUR
 

Andreas Maier | 9.12.2008

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