Leichtathletik zelebrierte die Olympischen Spiele

Neue Weltrekorde und neue Stars haben in Peking eine unglaubliche Begeisterung für die Leichtathletik hervorgerufen. Dazu ÖLV-Präsident Gloggnitzer: „Wir müssen höhere Ansprüche stellen, der Weg wird aber immer steiniger.“

Die Leichtathleten bei den Olympischen Spielen in Peking sind ab 15. August mit „Knallern“ gestartet, die in dieser Dimension nicht zu erwarten waren. Mit unglaublichen Höchstleistungen zelebrierte die olympische Kernsportart die Spiele. Wie aus einer anderen Welt zog Usain Bolt zu Weltrekorden über 100, 200, 4x100 Meter – seine Rennen werden wohl als das Highlight der Spiele schlechthin übrig bleiben. Die Russin Gulnara Galkina-Samitova knackte bei der Olympiapremiere für den Hindernislauf der Frauen in 8:58,81 Minuten als erste Läuferin die 9-Minuten-Barriere. Ihre Landsfrau Jelena Isinbajewa flog mit dem Stab über die Weltrekordhöhe von 5,05 Meter. Tirunesh Dibaba (ETH) und Elvan Abeylegesse (TUR) beeindruckten im 10.000-m-Lauf mit einem packenden Finish und Zeiten unter 30 Minuten. Über 800 Meter der Frauen ließ die 18-jährige Kenianerin Pamela Jelimo in 1:54,87 Minuten alle Beteiligten ziemlich „alt“ aussehen. Packend wie nie zuvor die Hochsprungbewerbe, etwa als die hohe Favoritin Blanca Vlasic plötzlich ihre traumwandlerische Sicherheit verlor und die ehemalige Mehrkämpferin Tia Hellebaut triumphieren konnte. Überraschend auch, wie sich Stefan Holm bei den Männern mit Platz vier zufrieden geben musste. Im Marathonlauf der Männer demonstrierte der Kenianer Samuel Wanjiru bei 30°C mit 2:06:32 Stunden seine enorme Leistungsstärke, die bei besseren Bedingungen weltrekordverdächtig ist.

Leichtathletik in der ganzen Vielfalt
Nur alle vier Jahre vermag die Leichtathletik sich derart ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu rücken. Abgesehen vom Silber-Kampf des Judokas Ludwig Paischer und den Schwimmbewerben am 9. August war in Österreich das 100-m-Finale der Männer das meistgesehene Sportevent der Spiele. 259.000 Zuseher verfolgten auf ORF die 100-m-Weltrekordshow von Usain Bolt. Gleich dahinter kommt in diesem Ranking der 10.000-m-Lauf der Männer mit Günther Weidlinger. „Es freut mich sehr, dass der ORF die Leichtathletikbewerbe ausführlich und in der vollen Breite der Disziplinen gezeigt hat. Dadurch steigt das Interesse und das Verständnis bei den Zusehern und Kommentatoren“, so ÖLV-Präsident Johann Gloggnitzer. „Befremdlich finde ich jedoch, wenn im Live-Kommentar in Zusammenhang mit den jamaikanischen Sprinterfolgen auch Andreas Berger, der vor 15 Jahren positiv auf Doping getestet wurde, als Richtung weisendes Beispiel angeführt wird. Das kann nicht unser Weg sein.“

ÖLV unter den Erwartungen - Im Nachwuchs auf dem richtigen Weg
Österreichs Leichtathleten hatten im Nationalstadion von Peking (Bild oben: Alex Needham, wikimedia) gleich zu Beginn der Bewerbe ihre Starts (>> Bilanz HIER). „Leider sind unsere Teilnehmer im unteren Bereich ihrer Möglichkeiten geblieben“, resümiert Gloggnitzer. „Es ist klar, dass wir höhere Ansprüche stellen müssen, als nur mit drei Teilnehmern dabei zu sein und einen 18. Platz zu erreichen. Der Weg zu Erfolgen, das hat Peking gezeigt, wird aber immer steiniger. Wir haben jedoch mehrere Athleten, die für einen WM- oder Olympiastart zukünftig in Frage kommen. Für die WM in Berlin 2009 ist die Zeit in der jetzigen Umbruchphase vielleicht zu kurz, um sichtbare Resultate zu haben. Unseren jungen Athleten müssen wir noch einige Jahre Zeit geben. Wir sind aber mit dem Nachwuchs auf dem richtigen Weg. Ich bin überzeugt, dass unser Fokus in der Nachwuchsarbeit Früchte bringen wird. Erst im Juli waren wir mit unserem größten Team seit 20 Jahren bei den U20-Weltmeisterschaften. Im Herbst starten wir gemeinsam mit dem Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur eine Leichtathletik-Fortbildungsaktion für interessierte Lehrer, um die Leichtathletik wieder stärker im Schulsport zu verankern. Die Leichtathletik muss wie der Skilauf ein nationales Anliegen werden, da sie als Basis-Sportart auch für den Erfolg in anderen Sportarten maßgeblichen Anteil hat.“

Betreuungsstruktur muss besser werden
Generell zeigen die bisherigen Bewerbe in Peking für Gloggnitzer, dass es in Österreich in vielen Sportarten an den notwendigen Mitteln für professionelle Betreuungsstrukturen mangelt. „Nur 14 von 28 olympischen Sommersportverbänden hatten Athleten in Peking. Trotz guter Leistungen unserer Schwimmer sagte Paul Schauer, der Präsident des Schwimmverbandes: „Wir brauchen mehr Förderungen!“ Das Problem der fehlenden Trainerposten im österreichischen Sport ist ein Faktum. In der Vergangenheit hat Österreich in vielen Sportarten für wenig Geld Trainer aus Osteuropa ins Land geholt. Diese Zeit ist vorbei. Umso wichtiger ist es jetzt, Arbeitsmöglichkeiten für junge österreichische Leute zu schaffen. Man muss von einer Trainertätigkeit leben können. Die Ausbildung an den Bundessportakademien kann nur das grundlegende Rüstzeug dazu liefern. Ein Weltklassetrainer kann man nur mit der Erfahrung und der kontinuierlichen Arbeit mit Athleten am Sportplatz und dem Austausch mit Kollegen anderer Spitzenathleten werden. Das ist in allen Berufen so. Selbstverständlich ist es unser Ziel, wieder Erfolge und Medaillen zu feiern. Dazu brauchen wir Ausnahmetalente, viel Herzblut und bessere Strukturen, die wir aus eigener Finanzkraft nicht schaffen können. In der Hilfestellung dazu würde ich eine wesentliche Aufgabenstellung eines zukünftigen politischen Sportverantwortlichen sehen, egal welcher Partei er oder sie auch immer angehören möge. Wie wir aber aktuell am Beispiel Schweden sehen, das in Peking keine Leichtathletikmedaille erzielen konnte (Olympische Spiele Athen 2004: 3 x Gold; WM Helsinki 2005: 2 x Gold, 1 x Bronze; WM Osaka 2007: 1 x Gold), sind Medaillenerfolge für kleine Länder auch bei hervorragenden Trainingsbedingungen keineswegs garantiert.“


 

Andreas Maier | 26.08.2008

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