Länderkampfanalyse und Einschätzung durch den Bundestrainer

Nachbetrachtung und Einschätzung des Länderkampfes

Verdienter Sieg der U20 Mannschaft, positives Gesamtresümee nach 23 Einzelsiegen

Österreichs Nachwuchs-Leichtathletik weiter im Aufwind

 

Allgemeines

 

Der alle zwei Jahre stattfindende Ländervergleichskampf U23/20 zwischen Österreich, Bayern und der Schweiz sah gestern trotz kühl-herbstlicher Witterung in Reutte den ersten österreichischen Sieg seit vielen Jahren. In einem bestens organisierten Wettkampf siegte unsere U20 Mannschaft in einem an Dramaturgie nicht übertreffbaren Finale gegen die starke Auswahl der Bayern am Schluß Dank toller Staffelleistungen. Umso bemerkenswerter die Gesamtvorstellung beider Teams, waren doch von den 68 ÖLV TeilnehmerInnen ganze 25 reine „U23“, 32 echte „U20“ und sogar 11 „U18 AthletInnen“ .Das Durchschnittsalter gesamt betrug knapp 19 Jahre (!).

 

Sensationelles U20 Team

Im U20 Team waren wir nahezu mit dem stärksten Team angetreten, so konnte wirklich mit einem Kampf um den Gesamtsieg spekuliert werden und darauf schwor man das Team auch ein. Zeit über führte man relativ solide mit einigen Punkten Vorsprung auf die Bayern, die am Schluss aber stark aufkamen und vor den beiden abschließenden 4x100m Staffelrennen letztlich einen Punkt führten! Nun musten zwei Siege über die Bayern her wollte man noch den „Heimsieg“ schaffen!

Vom Siegeswillen angetrieben liefen unser derzeit bestes Junioren-Quartett der letzten 5 Jahre trotz der Witterung und wettkampfmüder Beine in der Besetzung Julian Kellerer - Bernhard Chudarek - Lukas Reiter und Dominik Distelberger mit 40,98“ eine famose Zeit und deklassierte dabei die Bayern um 1,77“! Nun war der Punktegleichstand erreicht.

Im allerletzten Rennen des Tages musste die neuformierte U20 Staffel der Damen nun den Sack zumachen. In der Besetzung Marina Kraushofer, Raffaela Dorfer, Junel Anderson und Viola Kleiser trat man gegen die Bayern an und matchte sich die ganze Stadionrunde lang. Die Schweiz war in Front, doch das Duell Österreich gegen Bayern wurde praktisch auf der Ziellinie entschieden, in 46,86“ und 0,06“ vor den Bayern stoppte die österreichische Uhr. Sieg und eine tolle Zeit für diese junge Damenstaffel, die sich für die U20 EM 2009 qualifizieren möchte.

40,98“ – Platz sechs in der Weltbestenliste

Die 40,98“ des männlichen U20 Quartetts bedeuten derzeit den 6. Platz in der IAAF Weltrangliste 2008 – also inmitten der Weltklasse. Dies soll die Leistung der vier jungen Sprinter einmal mehr unterstreichen. Kann man in ausgeruhtem Zustand, bei warmer Witterung und gegen Konkurrenz antreten so hat diese Staffel ein weit höheres Niveau als gestern schon angedeutet. Hier scheint auch für die nächsten Jahre (U23 EM 2009 und 2011) eine neue Staffelqualität heranzureifen! Die Staffel empfahl sich sicher für die U20 WM in Polen!

 

Männer U20 und U23 siegten in der Teamwertung

Beide männlichen Teams siegten - in der U20 klar vor Bayern und Schweiz (40:35:25), in der U23 ex aequo mit den Bayern (34:34) und eine Punkt vor den Bayern. Hätten wir nur einen Hammerwerfer (der einzige unbesetzte Bewerb) am Start gehabt, wären wir auch hier als alleiniger Sieger vom Platz gegangen!

Die Männer schaften insgesamt 15 Einzelsiege (9 bei den U20 und 6 in der U23)

 

Frauen U20 und U23 – Platz zwei und drei

Bei den Damen waren die Bayern U20 in Front (37:33:31) vor Österreich, bei den U23 waren die Schweizer Damen eine Macht (40:35:27) hier wurde unsere Damen Dritte. Im U23 Sprint machte sich sicher das fehlen von Eva Burtscher bemerkbar, im Sprung die Absenz von Daniela Höllwarth!

Insgesamt schafften die ÖLV Damen in beiden Klassen 8 Einzelsiege.

 

International respektable Leistungen

Der Länderkampf zeigte klar, dass unsere Leistungsträger in beiden Altersklassen in Form sind. Die Junioren WM Qualifizierten Julian Kellerer (Weit 7,44m), Bernhard Chudarek (10,74“), Stephan Ender (53,37“/48,71“) und auch Junel Anderson (14,55/5,89) zeigten gute Form, die weiteren WM Aspiranten scheiterten hauchdünn an der WM Norm: Dominik Distelberger (14,42“/nach groben Fehler an Hürde 8) und Marina Schneider (1,77m/Hochsprung) sind nur einen Wimpernschlag vom Limit entfernt.

Lisa Maria Leutner ist weiter im Aufwind, sie lief im Alleingang die 3000m in beachtlichen 9:54,43 und blieb nur knapp 2 Sekunden über ihrer Bestleistung!

Im U23 Bereich zeigte unser aktuell bester 800m Läufer Andreas Rapatz eine tolle Vorstellung auf der Stadionrunde und egalisierte trotz Gegenwind in der zweiten Kurve seinen Hausrekord von 48,08“! Manuel Prazak siegte im 110m Hürdenlauf in guten 14,51“ (bei unangenehmen Seitenwind), Hürdenkollegin Beate Schrott lief bei ähnlichem Wind sehr gute 14,01“, Elisabeth Eberl siegte souverän im Speerwurf mit 49,01“.

 

Ein absolut gelungenes Teamdebut zeigten aber die U18 Damen, hier reift neben der letztjährigen U18 WM Generation schon der nächste starke Jahrgang heran:

Marina Kraushofer (91) siegte mit persönlicher Bestmarke von 5,91m (0,0) im Weitsprung U20

Claudia Barbist (91) siegte mit persönlicher Bestmarke von 63,94“ im 400m Hürdenlauf U20

Jennifer Wenth (91) lief in persönlicher Bestmarke von 2:13,47 über 800m zu Platz zwei in der U20

Raffaela Dorfer (91) egalisierte ihre 100m Bestmarke von 12,36“ und streifte in 25,02“ ihren Bestmarke von 24,96“

Vera Maier (92) lief über 1500m in 4.56.06` ebenso eine neue Bestmarke.

Wurftalent Lukas Weisshaidinger (92) zeigte nach einer Verletzung wieder ansteigende Form

 

19 Bestleistungen und 16 Saisonbestleistungen

23 Einzelsiege U20 und  U23

So wurden nicht weniger 19 persönliche Marken (inkl. Egalisierungen) und weitere 16 Saisonbestmarken in diesem Länderkampf erzielt. In 23 der 68 Bewerben (also einem Drittel) lachte Österreich von Platz 1 des Siegerpodestes.

Positiv, dass wir in allen Disziplinblöcken mehrfach gewinnen konnten:

Sprint/Staffel 5, Lauf 5, Hürden 3, Sprung 6, Wurf 4x

Unsere AthletInnen sind also in toller Form gewesen und waren bereit in diesen internationalen Wettstreit zu gehen.

Schön zu sehen, wie das Team und die Betreuer durch die gesamte Stimmung und den „Teamspirit“ zusätzliche Energien schaffte, die sich auf die Leistungen positiv auswirkten. Und es zeigt einfach von wirklicher Wichtigkeit, wenn man Mannschaften hat die um den Sieg kämpfen können, da werden weitere Reserven entwickelt. Die letzten Jahre hatten wir immer wieder Einzelsiege und gute Leistungen, doch kollektiv sind wir derzeit eindeutig stärker als die Jahre davor.

 

Gesamtresümee

Österreichs Nachwuchsleichtathletik lebt, Österreichs Nachwuchs zeigte gestern dass wir am richtigen Weg sind und dass das ÖLV Konzept der letzten Jahre nun langsam aber sicher, vor allem aber spürbar aufzugehen scheint. Einen Länderkampf einer Altersklasse und beider Geschlechter gewinnt man nur dann, wenn man in allen Disziplinblöcken wieder Niveau und Qualität besitzt, und gerade hier scheint der ÖLV seine große Chance zu haben. Es wird in der Zusammenarbeit zwischen ÖLV und Heimtrainern auf gegenseitige Wertschätzung und Akzeptanz großen Wert gelegt, es wurde Vertrauen zu den jungen Athleten und Athletinnen aufgebaut, es wurde und wird an einem WIR-Gefühl gearbeitet – gemeinsam zum Erfolg, ein miteinander statt nebeneinander. Und: Es bedeutet den jungen AthletInnen und Athleten etwas „in einem Nationalteam“ zu starten. Und diese Einstellung ist nicht erst in Zeiten einer EURO modern geworden. Auch wurde der Nationalstolz unserer Mannschaft sichtbar in Form von rot-weiß-roten Tatoos, Armbändern und Fahnen zur Schau gestellt!

 

Positiv zu sehen, dass schon die nächsten Generationen, vor allem die 1993 Jahrgänge, die aus Altersgründen noch nicht startberechtigt waren als übernächste Generation nach vorne drängen.

 

Es gibt mit Sicherheit noch einige „Baustellen“ die mit guten Konzepten und Überlegungen bearbeitet werden müssen, es wird auch schwer genug sein die Toptalente in die internationale Szene heranzuführen, aber der Aufwärtstrend an der Basis sollte uns alle durchaus positiv stimmen.

Viele der Länderkampf-TeilnehmerInnen sind bereits nächste Woche bei den Europacups im Einsatz, ein Zeichen dass die Überführung in das A-Team sehr gut funktioniert!

 

Der ÖLV wird auch zukünftig den Länderkampf-Gedanken forcieren, denn Länderkämpfe haben – wie Reutte auch zeigte – gerade im Nachwuchs weit mehr als reinen Leistungsgedanken zu bieten. Teambuilding, soziale Aspekte und das „gemeinsame“ Kämpfen, Siegen und Jubeln streichen den wahren Charakter von Teamwettkämpfen heraus.


Fotos: W. Lilge

Christian Röhrling - ÖLV Bundestrainer Nachwuchs

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