hypo Mehrkampfmeeting Götzis - Endergebnis

Bei den Männern siegt Favorit Dimitry Karpov, bei den Frauen überrascht die 20-jährige Russin Tatyana Chernova

Der zweite Tag im Ländle weckte die Athleten mit strahlendem Sonnenschein. Schon um acht in der Früh begann sich das kleine Stadion zu füllen- Decken wurden ausgebreitet, Schirme aufgebaut und Campingsessel aufgestellt. Dies gibt dem Meeting seine bekannt familiäre Atmosphäre die, zusammen mit dem Fachwissen des Publikums, unter anderem den Reiz für Athleten und Zuseher ausmacht.

Männer 10-Kampf:

Um 10 Uhr waren diesmal die Männer zuerst an der Reihe, nur eine Athlet (der gut im Rennen liegende Cubaner Yordani Garcia) trat nicht mehr an. Die Herren begannen bei gutem Rückenwind mit dem 110m Hürdenlauf. Der zweite Tag begann wie der Erste endete: mit einem Sieg eines Deutschen: Arthur Abele sicherte sich mit 13,94s den Disziplinensieg und damit eine der hochbegehrten Patronanzen für einen Sieg. Pogorelov (RUS) lief 14,30s hinkte allerdings aus dem Zielbereich, er dürfte sich schon beim aufwärmen verletzt haben. Er hielt nach den Hürden allerdings seinen dritten Rang, Maurice Smith mit der zweitbesten Hürdenzeit (14,05s) arbeitete sich auf Rang zwei nach vorne.

Den Diskusbewerb dominierte der Russe Aleksey Sysoyev, der sich mit 54,08m an die zweite Stelle der ewigen Mösle Bestenliste warf. Der bekannt gute Diskuswerfer Maurice Smith (JAM) hatte zu Beginn etwas Schwierigkeiten, im letzten Versuch zauberte er dann aber noch einen 52,77m Wurf hervor. Überraschend gut warf auch der zuvor noch leicht verletzt wirkende Alexandr Pogorelov, der 50,17m erzielte. Karpov konnte allerdings mit 49,98m seine Führung behaupten, Sysoyev machte aber eine riesigen Satz vom 7ten auf den 4ten Platz nach vorne!

Drei Athleten über 5,20m - Karpov baut Führung aus
Auch im Stabhochsprung zeigte Pogorelov, das seine Verletzung anscheinend nicht so schlimm ist und stieg erst bei 4,80m ein (oder um Kräfte zu sparen?), ebenso wie Hallenweltmeister Andre Niklaus, der diese Höhe aber erst im dritten Versuch und mit Unterstützung des Publikums bewältigte. Pogorelov schaffte danach allerdings keine Höhe mehr, während Konkurrent Karpov 5m und 5,10m jeweils im zweiten Versuch meisterte. Auch Sysoyev und der Kanadier Bertocchi schwangen sich locker über 5,10m. Die gesamte Startkurve war voll mit begeisterten Zusehern, die die Athleten zur lauten Musik mit Klatschrhythmus und Anfeuerungen begleiteten. Dementsprechend sprangen gleich 3 Athleten (Niklaus, Bertocchi, Karpov) über 5,20m, auch eine Seltenheit beim Götzis-Meeting bzw. im Zehnkampf! Karpov schaffte dann auch noch 5,30m und baute damit seine Gesamtführung aus, Aleksey Sysoyev setzte seinen Höhenflug fort und nahm die zweite Position noch vor Maurice Smith ein.

Nur zwei Punkte Differenz

Schon beim Einwerfen der besseren Speerwurfgruppe gab es tolle Würfe zu bewundern, die den Kameramann veranlassten, mit seiner Ausrüstung etwa 20m nach hinten zu wandern, um nicht getroffen zu werden. Der beste Werfer - wie kann es anders sein? - kam aus Schweden und hieß Niklas Wiberg. Er warf, wie auch im Vorjahr, deutlich über 70m und erreichte 72,54m. Karpov patzte mit nur 50,62m und musste damit vor dem abschließenden 1.500m-Lauf Sysoyev bis auf 2 Punkte herankommen lassen, dicht gefolgt von Pogorelov, der 65,57m warf und damit 25 Punkte hinter dem Führenden lag.

Spannung pur - Karpov knapp siegreich
Also Spannung pur vor dem abschließenden 1500m-Lauf, der alles entscheiden würde. Vor allem Karpov und Sysoyev sind beide als eher schwächere Läufer bekannt, umso spannender war die Ausgangslage. Das Tempo im abschließenden Lauf machte der Deutsche Arthur Abele, der noch um die Olympianorm kämpfte. In einem tollen Schlusspurt holte er sich den Disziplinensieg und die Norm während sich dahinter ein Kopf-an Kopfrennen zwischen Sysoyev und Karpov entwickelte. Zuerst hängte sich Karpov an Sysoyev an, um dann in der letzten Runde zu überholen und damit den Spieß umzukehren. Auf der Schlussgeraden hakten beide am Ende ihrer Kräfte sogar ineinander ein und kamen ins Stolpern, Karpov hatte aber den Tick mehr Kräfte übrig und brachte das Rennen und damit den Sieg knapp vor dem Russen ins Ziel.

Eine Weltjahresbestleistung, sechs persönliche Bestleistungen und neun Ergebnisse über 8000 Punkte gab es an diesem Wochenende bei den Männern zu bewundern. Diese kommen nächstes Jahr sicher gerne wieder!

Ergebnisse Zehnkampf
1. Karpov, Dimitriy (KAZ)- 8504 Pkte (10,85/7,23/16,49/2,06/48,64/14,14/49,98/5,30/50,62/4:37,93)
2. Sysoyev, Aleksey (RUS)- 8497 Pkte (10,86/7,01/15,49/2,03/49,1/14,64/54,08/5,10/64,22/4:38,82)
3. Pogorelov, Aleksandr (RUS)- 8381 Pkte (11,06/7,53/16,54/2,09/51,57/14,30/50,17/4,80/65,57/4:53,94)

Frauen 7-Kampf:
Chernova segelt auf 6,78 Meter!
Nach dem Ausstieg von Jessica Ennis (GBR) (laut ihrem Coach ist eine vor 2 Wochen erstmals aufgetretene Fußverletzung wieder akut geworden) lag der Frauensiebenkampf fest in russischer und ukrainischer Hand. Erste Disziplin am zweiten Tag ist der Weitsprung, auch hier gab es mit Rückenwind wieder tolle Bedingungen. Gleich im ersten Durchgang machte die Russin Tatyana Chernova, die besonders durch ihre stattliche Größe (1,90m) auffällt, einen tollen Satz: 6,78m! Damit beendete sie gleich zufrieden den Bewerb und verzichtete auf weitere Versuche. Wie sehr Freud und Leid beisammen liegen musste Yolanda Keizer (NED) erkennen: 3 ungültige Versuche für die junge Niederländerin, Svetlana Sokolova (RUS) musste wegen einer Verletzung passen. Mitfavoritin bei den Frauen, Lyudmilla Blonska (UKR) musste sich nach einem sehr weiten, aber leider übertretenen Satz, mit 6,66m zufrieden geben, ihr Coach nahm‘s gar nicht gelassen und schimpfte sie aufgrund der verpatzten Landung. Bogdanova (RUS) sprang gute 6,49m und konnte damit ihre (überraschende) Führung im Gesamtklassement verteidigen.

Nach Speerwurf Kopf  an Kopf
Der Speerwurf wurde dann in zwei Gruppen ausgetragen, die stärksten Werferinnen befanden sich in der zweiten Gruppe. Hier wuchs die Deutsche Lilli Schwarzkopf über sich hinaus und warf, mit eigentlich sehr langsam aussehendem Anlauf, fantastische 54,35m. In nichts nach stand ihr die lange Russin Tatyana Chernova, die den Speer auf 53,51m schleuderte. Insgesamt erzielten 4 Frauen Weiten über 50m, eine für Mehrkämpferinnen beachtliche Leistung. Für die meiste Stimmung sorgte die junge Schweizerin Linda Züblin, die mit 50,34m und einem Freudentanz ihrem lautstarken Fanclub eine Freude machte. Lyudmilla Blonska warf 48,29m und lag damit nur zwei (1) Punkte hinter Chernova, die nun als führende in den abschließenden 800m Lauf ging. Die bis dahin in Front liegende Anna Bogdanova musste mit nur 37,65m im Speerwurf ihre Führung abgeben und rutschte damit 128 Punkte hinter Chernova. Zwei Punkte bedeuteten ein Kopf-an-Kopf Rennen wie bei den Männern - die Siegerin würde den Mehrkampf wohl auch gewinnen.

Tatyana Chernova - die neue Königin?
Nach dem ersten 800m-Rennen (die Läufe werden nach den Platzierungen vor dem letzten Bewerb eingeteilt) gab es wieder lauten Schweitzer Jubel als Linda Züblin das erste mal 6000 Punkte und damit auch das Olympialimit erreichte. Im zweiten Lauf erreichte Karolina Tyminska (POL) mit 2:06,73s eine Wahnsinns Zeit. Dann kam der Dritte Lauf: Spannender konnte es wohl kaum sein- die beiden Konkurrentinnen um den Sieg liefen direkt nebeneinander auf Bahn eins und zwei, Chernova wurde als Führende mit einer roten Startnummer gekennzeichnet. Der Startschuss! Bei etwa 66sec liefen beide über die 400m Linie, voran lief die Deutsche Lilli Schwarzkopf. Chernova kam als Zweite auf die Zielgerade, bündelte noch einmal alle Kräfte und lief sogar noch an Schwarzkopf vorbei, Blonska konnte nicht mithalten und musste sich geschlagen geben. Die Juniorenweltmeisterin Tatyana Chernova erreichte mit 2:12,11s eine klare 800m Bestleistung und einen Punkterekord mit 6618 Pkten. Erstaunlich ist dabei ihre Punkteleistung von 2961 Pkten am zweiten Tag, die der drittbesten jemals erreichten Punktezahl (hinter Jacky Joyner Kersee) entspricht. Blonska mit 6570 Pkten und Bogdanova mit 6452Pkten sicherten sich die Plätze auf dem Siegerpodest. Dahinter folgten Tyminska (POL) und dann wieder zwei Athletinnen (Kurban, Goncharova) des enorm starken russischen Teams.

Gesamt elf neue Bestleistungen, jede Menge Olympialimits und 22 (!) Siebenkämpferinnen über 6.000 Punkten (mehr als bei weltweit jedem anderen Siebenkampf bisher) sind rekordverdächtig und runden die spannenden zwei Wettkampftage gebührend ab.

Ergebnisse Siebenkampf
1. Chernova, Tatyana (RUS)- 6618 (PB) (13,60/1,73/13,13/23,86/6,78/53,51/2:12,11)
2. Blonska, Lyudmila (UKR)- 6570 (13,49/1,79/14,45/24,28/6,66/48,29/2:15,34)
3. Bogdanova, Anna (RUS)-6452 (PB) (13,35/1,88/14,64/24,42/6,49/37,65/2:14,76)

Alles in Allem ein tolles Sportwochenende mit spannenden Wettkämpfen und tollen Leistungen, das Lust auf das nächste Jahr macht, wenn hoffentlich wieder ein Österreicher oder eine Österreicherin am Start ist! Gratulation dem Organisationsteam und dem Meetingdirektor Konrad Lerch, der es jedes Jahr wieder schafft, Götzis zu einem Erlebnis zu machen.

Elisabeth Plazotta

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